Simon schaut “Ocean’s 8” (2018)

Nicht spektakulär, nicht wahnsinnig spannend, aber gut gemacht und nett anzusehen. Vieles in Ocean’s 8 kennt man bereits aus diversen anderen Heist-Filmen, aber meistens mit Männern am Steuer. Sandra Bullock, Cate Blanchett und ihr Ensemble sind interessant genug, um den Film sehenswert zu machen.

Simons Highlights

  • Anne Hathaway als Daphne Kluger

Worum es geht

Debbie Ocean (Sandra Bullock) kommt aus dem Gefängnis frei. Ihr erster Weg führt sie zu ihrer alten Freundin Lou (Cate Blanchett), ihrer Komplizin. Debbie erzählt von einem Juwelenraub, den sie während ihrer Zeit im Gefängnis geplant hat. Gemeinsam versammeln Lou und Debbie ein Team von Frauen. Das Ziel: ein Cartier-Collier, das während der Met-Gala an Daphne Klugers (Anne Hathaway) Hals hängt.

Simons Kritik

Die Idee eines „All-Female-Reboots“, der Neuauflage eines Franchises mit weiblichen anstatt männlichen Charakteren, ist leider ein heikles Thema. Zu viele Menschen vergessen in sozialen Netzwerken ihre Manieren – und, dass ihnen durch ein Reboot nichts weggenommen wird. Ghostbusters (2016) hat dies am eigenen Geisterleib erfahren müssen. Bereits vor der Veröffentlichung wurde der Film von „angeblichen“ Fans des Originals niedergemacht; Melissa McCarthy, Kristen Wiig, Kate McKinnon und Leslie Jones wurden Opfer sexistischer und rassistischer Kommentare. Der Film war zwar wirklich nicht sonderlich gut, aber nichts – schon gar nicht ein mittelmäßiger Film – rechtfertigt den Ton, der Regisseur Paul Feig, Studio Sony Pictures und insbesondere den Geisterjägerinnen entgegenschlug.

Natürlich stellt sich da die Frage, wie auf weitere Reboots reagiert werden würde, die nach diesem Geschlechtertausch-Schema funktionieren. In diesem Jahr kam Ocean’s 8 in die Kinos, der auf den drei Ocean’s-Filmen aus 2001, 2004 und 2007 mit George Clooney und Matt Damon aufbaut. Ocean’s 8 wurde jedoch mit acht Frauen besetzt.

Die Ocean’s-Reihe unterscheidet sich in einem Punkt sehr stark von Franchises wie Ghostbusters (oder auch James Bond, das immer mal wieder ins Gespräch gebracht wird, wenn es darum geht, dass Frauen Männer in Franchises ablösen könnten): Ich möchte niemandem zu nahetreten, aber die Ocean’s-Reihe hat keine Hardcore-Fans. Die Filme sind sicherlich beliebt, keine Frage, insbesondere Ocean’s Eleven (2001), aber die Filme inspirieren im Jahr 2018 weder Halloween-Kostüme noch Spielzeug.

Ocean’s 8 wird im Vergleich zu den weiblichen Geisterjägerinnen außerdem weniger angreifbar, da der Film streng genommen gar kein Reboot sondern ein Sequel ist. Die Geschichte geht mit einem anderen Familienmitglied der Ocean-Familie weiter, nämlich mit Sandra Bullock als Debbie Ocean, George Clooneys (bzw. Danny Oceans) Schwester. Dies wird zu Beginn und am Ende des Films kurz thematisiert, insgesamt gibt es aber nur wenige Anspielungen auf die Originalfilme aus den frühen 2000ern. Ocean’s 8 funktioniert also ohne seine „Prequels“, verprellt aber auch keine Fans, wie dies gegebenenfalls bei Ghostbusters passiert sein könnte.

Man kann Ocean’s 8 dementsprechend sehr gut isoliert von alledem betrachten und bewerten. Übrig bleibt ein netter, kurzweiliger, unaufgeregter Film, der die Geschichte von acht Frauen und einem teuren Diamantencollier erzählt und genau weiß, wo er hinmöchte. Der Film ist sicherlich kein Meisterwerk, hat auch wenige Alleinstellungsmerkmale, eine gute Zeit verspricht er trotzdem.

Ein bisschen besser als im Original gefällt mir die Gruppe aus maximal acht Frauen; Neben Bullock, Blanchett und Hathaway spielen auch Sarah Paulson, Helena Bonham Carter, Mindy Kaling, Awkwafina und Rihanna im Film mit. Es gelingt Drehbuch und Regie sehr gut, ihnen allen Platz und Sinn in der Geschichte einzuräumen. Der Fokus liegt natürlich auf Sandra Bullocks Charakter, zu kurz kommt aber niemand. Bauchschmerzen hatte ich zunächst als ich von Rihannas Casting hörte, die bisher nicht durch ihr großartiges Schauspieltalent aufgefallen ist (… Battleship, 2012 …). Sie ist in diesem Film aber in Ordnung – kein Highlight, aber auch kein Reinfall.

Cate Blanchett und Sandra Bullock gefallen mir natürlich sehr in ihren Rollen, beide sind Magneten auf der Leinwand, hervorheben möchte ich aber Sarah Paulson und Anne Hathaway. Paulson hat eine besondere Ausstrahlung, die mir erstmalig in Carol (2015) aufgefallen ist, und ein super Timing – sie ist eine lustige Frau mit sehr viel Stil, was diesem Film zugute kommt (und ihre Interviews während der Pressetour sind zusätzliche Klicks wert).

Anne Hathaway macht eigentlich wenig falsch. Seit 2013 hat sie sogar einen Oscar im Regal stehen (Les Misérables, 2012). Trotzdem hört man immer wieder, dass sie einige (fehlgeleitete, oberflächliche) Menschen nervt, was vielleicht an ihren frühen Rollen in den Plötzlich Prinzessin-Filmen liegt, die sie in eine bestimmte Ecke geschoben haben, aus der sie nicht ausbrechen kann. In Ocean’s 8 spielt sie die Antagonistin der Frauengruppe – und auf sehr intelligente Weise mit ihrem rosa Image. Sie ist eines meiner wahren Highlights des Films. Hathaway hatte keine leichte Aufgabe, denn ihre Rolle hätte leicht in die Absurdität abdriften können. Hathaway traut sich bis an den Abgrund, balanciert gekonnt auf der Kante, fällt aber nie.

Ocean’s 8 orientiert sich sehr stark an der Handlung von Ocean’s Eleven. Der Film bringt wenig Neues auf den Tisch und ist nicht wahnsinnig spannend. Es ist kein Film, den man im Kino gesehen haben muss, was aber nicht heißt, dass man ihn nicht dort gesehen haben kann. Letztendlich profitiert schließlich jeder Film von einer großen Leinwand und gutem Sound. Trotzdem verliert Ocean’s 8 vermutlich wenig, wenn Bullock und Co. künftig auf Fernsehbildschirmen Schmuck klauen.

In sehr kleinen Dosen kamen Anspielungen auf die Rolle der Frau in Gesellschaft und Film. Meinem Geschmack nach hätte das noch etwas mehr sein dürfen, denn Schauspielerinnen haben im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen weiterhin weniger Sprechanteile, weniger Rollen und verdienen weniger Geld. Gerade im vergangenen Jahr gab es erneut einen Skandal, als Mark Wahlberg für die gleiche Arbeit – ein paar Nachdrehtage für Alles Geld der Welt (2017) – eine Unmenge mehr Geld verdiente als Michelle Williams. Andererseits bleibt Ocean’s 8 allen zugänglich und kann seine Nachricht implizit vermitteln, nämlich dass Frauen genauso gut einen Heist-Film anführen können wie Männer. Wenn man nach Anspielungen gesucht hat, dann hat man sie gefunden. Zu einem bestimmten Zeitpunkt, etwa nach der Hälfte des Films, wurde Debbie Ocean kurz expliziter: Sie wolle ein Team aus Frauen, weil Frauen weniger auffallen.

Ocean’s 8 macht Frauen in einem Genre sichtbarer, in dem sie bisher unterrepräsentiert sind. An den Kinokassen hat der Film insbesondere in den USA gutes Geld eingespielt. Wer weiß, vielleicht kriegen wir ein Sequel, vielleicht irgendwann sogar eine Reunion – Debbie und Danny Ocean, Seite an Seite, mit einem Team aus einzigartigen Frauen und Männern, in dem niemand überstrahlt wird.

4.5 von 7 Falken

Simon

Redakteur Moviefalcon.de, Film-, Kino-, Oscarenthusiast! Wenn nicht gerade unterwegs in einer weit entfernten Galaxis, dann sicherlich mit Mad Max auf der Fury Road oder zu Besuch im Grand Budapest Hotel.

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