Parasite, Jojo Rabbit, The Irishman: In diesem Artikel stellt Simon euch in kurzer Form zehn Filme aus 2019 vor, denen er Chancen auf Filmpreise in der diesjährigen Award-Season einräumt. Möchtest Du dich auf die Golden Globes und Oscars vorbereiten? Dann solltest Du diese zehn Filme im Auge behalten!
Das Filmjahr 2019 zeichnet sich schon jetzt durch einige spannende Entwicklungen aus: Avengers: Endgame und Marvel haben Avatar und James Cameron vom Thron gestoßen, Endgame ist nun der erfolgreichste Film aller Zeiten. Joker wird der erste Film mit R-Rating, der weltweit eine Milliarde US-Dollar einspielt. Disney übernimmt Fox und bricht dieses Jahr an den Kinokassen alle Rekorde. Zwei der ganz großen Regisseure unserer Zeit bringen neue Meisterwerke auf die Bildschirme. Und nachdem Netflix mit Roma trotz dreier Siege den wichtigsten Oscar 2018 ganz knapp verloren hat, setzt der Streamingdienst 2019 neue Maßstäbe mit einer großen Palette unterschiedlicher Filme, die in der Award-Season eine Rolle spielen sollen.
Welche Geschichten schreibt die Award-Season 2019? Wie in jedem Jahr starten bei den drei großen Herbstfilmfestivals in Toronto, Venedig und Telluride viele Filme, die sich Chancen auf Filmpreise ausrechnen. Aber auch Cannes im Sommer ist nicht zu vernachlässigen, insbesondere in einem Jahr, in dem dort ein neuer Tarantino-Film seine Premiere feierte. Die Festivals und Kritiker*innen vor Ort sortieren ein Feld an potentiellen Anwärter*innen vor und markieren damit den Startschuss für Kampagnen – oder deren frühes Ende.
Für diesen Beitrag habe ich zehn Filme ausgewählt, die als Kandidaten für Filmpreise, insbesondere die Oscars im Gespräch sind. Wie üblich laufen einige der Filme in Deutschland erst spät an – aber je früher man von ihnen gehört hat, umso eher kann man seine weniger hartgesottenen Filmfreund*innen beeindrucken:
Festivalsieger
An Joker kam in diesem Jahr niemand so richtig vorbei. Der Film von Regisseur Todd Phillips mit Joaquin Phoenix in der Titelrolle polarisiert. Nach hervorragenden frühen Kritiken und dem Sieg bei den Internationalen Filmfestspielen in Venedig (in 2018 gewann Alfonso Cuaróns Roma, der am Ende der Award-Season zehn Oscarnominierungen und drei Siege erringen konnte) wuchs die Kritik am Film, insbesondere an der Darstellung der Zusammenhänge zwischen psychischen Krankheiten und Gewalt, und verpasste Joker eine kalte Dusche. Die Kritiken sind insgesamt im Durchschnitt dennoch positiv. Schlagzeilen macht Joker nun wieder, weil er der erste Film mit R-Rating ist, der weltweit mehr als eine Milliarde US-Dollar einspielt. Bei einem Budget von deutlich unter 100 Millionen US-Dollar macht das Einspielergebnis Joker nicht nur zu einem Hit, sondern zu einem echten Phänomen, das das Potential hat, Hollywoods Geldpolitik und Budgetplanung nachhaltig zu beeinflussen. Schade, dass dafür auch in diesem Fall die Anbindung an ein Franchise, das DC-Universum, notwendig war.
Gerade 2018 wurde Black Panther als erster Superheldenfilm überhaupt für den Oscar für den besten Film nominiert und konnte drei Siege feiern. Die Regel, Comicbuchverfilmungen werden nicht nominiert, gilt nicht mehr, unabhängig davon, dass Joker in vielerlei Hinsicht nicht der übliche Comicbuchfilm ist. Nicht zu vergessen ist außerdem: Die Rolle des Jokers hat bereits einem Schauspieler einen Oscar vermacht. Heath Ledger wurde 2009 postum ausgezeichnet (bester Nebendarsteller für The Dark Knight, 2008). Die Rolle ist prestigeträchtig und passt zu Joaquin Phoenix, der bereits drei Mal für den Oscar nominiert war (Gladiator, 2001; Walk the Line, 2006; The Master, 2013), wie die Faust aufs Auge. Eine vierte Nominierung ist ihm so gut wie sicher, wenn sein Clown bis Januar nicht nochmal ausrutscht.
Ebenfalls überraschender Festivalsieger ist Jojo Rabbit. Beim Toronto International Filmfestival (TIFF) im September gewann die Satire des neuseeländischen Regisseurs Taika Waititi den Publikumspreis – im vergangenen Jahr gewann diesen Green Book und wir wissen alle, wohin das geführt hat: Zum Oscar für den besten Film 2018. Neun der vergangenen zehn Sieger in Toronto konnten viele Monate später mindestens die Nominierung zum besten Film bei den Oscars erringen, drei Filme gewannen sogar. In dieser Hinsicht läuft es ganz hervorragend für Waititi und sein Team.
Jojo Rabbit erzählt die Geschichte des kleinen Johannes (Roman Griffin Davis), der in der Hitlerjugend lernt, ein guter Nazi zu sein. Zur Seite steht ihm sein imaginärer Freund Hitler (Waititi selbst). Johannes Überzeugungen werden grundlegend erschüttert, als er herausfindet, dass seine Mutter (Scarlett Johansson) eine junge Jüdin (Thomasin McKenzie) versteckt… Wenn man den Kritiken und Reaktionen im Netz glauben schenken darf, dann schafft Waititi den unmöglichen Spagat und verbindet seine Satire über Nazideutschland mit einer herzerwärmenden Geschichte über das Ablegen von Vorurteilen. Bei den Oscars könnte der Film auch in verschiedenen künstlerisch-technischen Kategorien eine Rolle spielen. Den Schauspieler*innen werden weniger Chancen ausgerechnet, auch, weil Scarlett Johansson ein weiteres Pferd im Rennen hat. In Deutschland kommt Jojo erst am 23. Januar in die Kinos – die Nominierungen werden zu diesem Zeitpunkt bereits bekannt sein.
Scarlett Johansson war noch nie für einen Oscar nominiert. Dies wird sich aller Voraussicht nach bald ändern, denn Marriage Story ist ein ganz, ganz heißer Anwärter auf Oscarnominierungen in sämtlichen Schauspielkategorien, fürs Drehbuch, die Regie und den Film an sich. Als erster mehrerer Netflix-Filme, die das Rennen ordentlich aufmischen, könnten Marriage Story ähnliche Vorbehalte wie Roma im vergangenen Jahr gegenüberstehen: Netflix ändert die Filmbranche und das Kinoerlebnis, was nicht von allen gern gesehen ist. Nichtsdestotrotz: Roma konnte zehn Nominierungen einfahren und hat vielleicht seinen Teil dazu beitragen, dass die Academy in diesem Jahr noch etwas aufgeschlossener auf Netflix-Produktionen reagiert, vor allem, wenn sie gut sind.
Das Scheidungsdrama von Noah Baumbach, das von Peter Travers (Rolling Stone) und Scott Mantz als das Kramer vs. Kramer (fünf Oscars, u.a. für den besten Film und Meryl Streep als beste Nebendarstellerin) unserer Generation bezeichnet wurde, wird insbesondere für das großartige Drehbuch und die Schauspielleistungen gelobt. Neben Johansson als Nicole spielt Adam Driver die männliche Hauptrolle Charlie. Driver ist seine zweite Nominierung innerhalb von zwei Jahren ebenfalls so gut wie sicher – seine Präsenz in diesem Jahr (u.a. The Report, Star Wars: Rise of Skywalker) könnte ihn sogar zum Sieg tragen. Auch Laura Dern und Alan Alda in Nebenrollen sind im Gespräch, ein Sieg von Dern ist inzwischen überfällig.
Schon bald können wir uns ein Bild machen, ob der Film hält, was die Kritiken versprechen: Am 6. Dezember kommt Marriage Story auch in Deutschland zu Netflix.
Prestige-Filmemacher
Ebenfalls auf Netflix, aber sogar etwas früher verfügbar als Marriage Story, nämlich ab dem 27. November, ist das neue Werk von Martin Scorsese: The Irishman. Scorsese macht keinen Hehl daraus, dass er seine Filme eigentlich auf der großen Leinwand sehen möchte. Warum ist er dennoch zu Netflix gegangen? Weil Netflix ihm seine Vision erlaubt hat: Das gigantische Budget, das Wikipedia mit 159 Millionen US-Dollar angibt, hätte ihm kein anderes Studio zugestanden, insbesondere nicht, nachdem sein ebenfalls teures Werk Silence (2016) leider ein Flop war. Netflix riskiert so einiges, um prestigeträchtige Filme und Filmemacher an das Studio zu binden. Vielleicht geht in diesem Jahr die Rechnung auf.
The Irishman scheint eine gelungene Rückkehr Scorseses zum Gangsterfilm zu sein, die Art Film, für die viele den Regisseur besonders lieben. Goodfellas (1990) gilt gemeinhin als Meisterwerk, und seinen einzigen Oscar errang die Regielegende für Departed – Unter Feinden (2006). The Irishman ist gleichzeitig ein Best-of der Leinwandlegenden und ehemaligen Kollaborateure Scorseses: Robert De Niro (u.a. Taxi Driver, 1977; Oscar für Raging Bull, 1980), Al Pacino und Joe Pesci (Oscar für Goodfellas) sind mit dabei, außerdem wird der Film wie gewohnt von Thelma Schoonmaker geschnitten (drei Oscars für die Scorsese-Filme Raging Bull; The Aviator, 2004; Departed) und hinter der Kamera steht erneut Roberto Prieto (The Wolf of Wall Street, 2013; Silence).
Auf dem Papier schreit der Film nach Scorseses zweitem Oscar – allerdings hat noch ein weiterer Kultregisseur ein heißes Eisen im Feuer, und dieser hat bisher noch keinen Goldjungen für die beste Regie gewonnen…
… allerdings schon zwei für seine großartigen Drehbücher (Pulp Fiction, 1994; Django Unchained, 2012). Die Rede ist von keinem anderen als Quentin Tarantino, der mit Once Upon a Time… in Hollywood seinen bisher persönlichsten Film gedreht hat, und eine Liebeserklärung an das Hollywood vergangener Tage. Wenn das bei den älteren Mitgliedern der Academy nicht zieht, dann weiß ich auch nicht! (Obwohl man zugeben muss, dass Scorsese und Tarantino beide die Nostalgie-Karte spielen und wohl um Stimmen aus einem ähnlichen Lager kämpfen…)
Auch Tarantino hat sich prominente Unterstützung vor die Kamera geholt: Leonardo DiCaprio spielt Rick Dalton, einen Filmstar, dessen beste Tage hinter ihm liegen, und Brad Pitt spielt Ricks Stuntdouble, Cliff Booth. Beide werden gewichtige Rollen in der Award-Season spielen, Pitt vielleicht noch etwas mehr als DiCaprio (was insbesondere an dem äußerst starken Feld an Hauptdarstellern in diesem Jahr liegt, das DiCaprio im Wege steht; Pitt profitiert bei den Nebendarstellern von einem etwas dünner besetzten Feld). Es kann gut sein, dass Once Upon a Time… in Hollywood mit den meisten oder zweitmeisten Oscarnominierungen in Hollywoods wichtigste Nacht geht: Kulissen, Kostüme, Kamera, Schnitt – überall kann Hollywood mitmischen.
Once Upon a Time… in Hollywood feierte seine Premiere in Cannes, ebenso wie der Film eines Regisseurs, der Tarantino und Scorsese äußerst gefährlich werden könnte:
Der internationale Überflieger
Bong Joon-ho: In Okja (2017) geht es um Massentierhaltung, in Snowpiercer (2013) um Folgen des Klimawandels. In Parasite beleuchtet Bong Joon-ho das Verhältnis zwischen Armen und Reichen in seiner südkoreanischen Heimat; Das Land ist allerdings komplett austauschbar, auch deshalb ist der Film wohl international ein Hit. Parasite hat nicht nur die Goldene Palme in Cannes gewonnen, sondern bereits deutlich mehr als 100 Millionen US-Dollar weltweit eingespielt. In den USA hat Parasite am ersten Wochenende pro Theater so viel Geld eingespielt wie seit La La Land (2016) kein Film (via Deadline Hollywood). Parasite hat einen Metacritic-Score von 95, erzielt 99% bei Rotten Tomatoes und steht bei gigantischen 4,6 von 5 Sternen auf Letterboxd – schon 41.000 Menschen haben dem Film dort die Bestnote gegeben.
Bester Internationaler Film? Wie im vergangenen Jahr mit Roma ist der Oscar schon jetzt vergeben. Die Frage, die sich stellt, ist also eher, wie Parasite in anderen Kategorien abschneidet. Bong Joon-ho sollte mindestens nominiert werden, aber wie steht es um das Drehbuch? Die Kamera? Nebendarsteller*innen? Das Szenenbild? Eine Nominierung für den besten Film? Bisher hat noch nie ein nicht-englischsprachiger Film den Oscar für den besten Film gewonnen. Könnte Parasite davon profitieren, dass Roma im vergangenen Jahr (auf tragische Art und Weise…) verloren hat? Irgendwann wird es passieren, warum also nicht 2019?
Technische Meisterwerke
Ford v Ferrari, oder auch Le Mans 66 – Gegen jede Chance (einmal mehr ein hervorragender deutscher Titel…) sollte Parasite nicht gefährlich werden, könnte aber viele Nominierungen einfahren und eventuell die beiden Sound-Oscars abgreifen. Regie führt James Mangold (Walk the Line, 2005; Logan, 2017), in den Hauptrollen sehen wir Matt Damon und Christian Bale als Carroll Shelby und Ken Miles. Im Film will Ford es mit der Vorherrschaft Ferraris im Rennsport aufnehmen; Ein Team aus Designern, Ingenieuren und Fahrern baut den Ford GT40. Etwas vorhersehbar, aber wohl ein echter Publikumsrenner: Selbst Menschen, die sonst nichts mit Autorennen am Hut haben, soll Ford v Ferrari abholen.
Der Film ist aus dem Hause Fox und hat etwa 100 Millionen US-Dollar gekostet (Wikipedia). Neben Ford v Ferrari hat Fox in diesem Jahr für eine weitere Originalproduktion viel Geld auf den Tisch gelegt, nämlich für Ad Astra; Ad Astra konnte auf einem Budget von 80-100 Millionen US-Dollar allerdings keine 130 Millionen einspielen. Umso wichtiger ist, dass Ford v Ferrari an den Kinokassen zufriedenstellend abschneidet und das Investment in “Original Content” rechtfertigt. Es ist selten geworden, dass Produktionen ohne Anbindung an ein Franchise im aktuellen Studiosystem solche großen Budgets erhalten. Fox wurde in diesem Jahr von Disney übernommen: Ein Hit mit einem Originaltitel könnte den Stand von originellen Produktionen im Hause Disney verbessern… Sprich: Ab ins Kino!
Ein weiterer Film, der es mindestens auf die technischen Oscars (und alle Preise für die beste Kamera des Jahres, dazu gleich mehr) abgesehen hat, ist 1917 von Regisseur Sam Mendes (Oscar für American Beauty, 1999; Skyfall, 2012). In dem Kriegsfilm geht es um junge britische Soldaten, die eine Nachricht überbringen müssen. An der rechtzeitigen Übermittlung dieser Nachricht hängt das Leben tausender Soldaten. Der Film kommt mit zwei technischen Finessen daher: In einem Interview mit Vanity Fair bestätigt Sam Mendes, dass sein neues Werk 1917 die Geschehnisse in einer ununterbrochenen Kamerafahrt und in Echtzeit zeigt. Schnitte werden also wie zuletzt in Birdman (2015) gut versteckt, was den Regisseur und den Director of Photography vor große logistische Herausforderungen stellt. Mendes hat sich für diese Mammutaufgabe die Legende Roger Deakins ins Boot geholt (bisher 14 Oscarnominierungen und zuletzt endlich ein Sieg, nämlich für Blade Runner 2049, 2017). Birdman gewann Regisseur Alejandro González Iñárritu und seinem Kameramann Emmanuel Lubezki Oscars. Kann daraus mit 1917 ein Trend entstehen?
Die ersten Reaktionen loben 1917 als den besten Kriegsfilm seit Spielbergs Saving Private Ryan (Der Soldat James Ryan, 1998). Wir sollten das neue Werk von Sam Mendes also genaustens im Auge behalten…
Zum zweiten Mal Gerwig, zum dritten Mal Netflix, zum achten Mal Little Women
Greta Gerwig mischte 2017 die Award-Season ordentlich auf, als ihr Regiedebüt Lady Bird durch die Decke ging und ihr Oscarnominierungen für die beste Regieleistung und das beste Drehbuch einbrachte. Voraussichtlich Ende Januar läuft in Deutschland ihr zweiter Film an: Little Women. In dem Historien-/Coming-of-Age-Drama geht es um das Leben der March-Schwestern nach dem Sezessionskrieg. Little Women basiert auf einem zweiteiligen Roman von Louisa May Alcott, einem amerikanischen Klassiker, der laut Wikipedia nun bereits das achte Mal (!) verfilmt wird.
Die Besetzung lässt aufhorchen: Die großartige Saoirse Ronan, bereits für drei Oscars nominiert (zuletzt für Lady Bird) spielt Jo, Emma Watson (uns allen noch immer als Hermine aus Harry Potter bekannt) ist Meg und Florence Pugh spielt Amy. Für Pugh markiert 2019 ihren internationalen Durchbruch. Schon ihre Leistung im Horrorfilm Midsommar von Ari Aster hat Aufsehen erregt; Anfang nächsten Jahres taucht sie ins MCU ein, vielleicht kurz nach einer Oscarnominierung für die beste Nebendarstellerin? Laura Dern (auch sie hat mehrere Pferde im Rennen, s. Marriage Story) spielt Mutter Marmee, außerdem sind auch Timothée Chalamet (Laurie; Call Me By Your Name, 2017; Lady Bird, 2017; The King, 2019; Dune, 2020) und Meryl Streep (Aunt March; drei Oscars, insgesamt 21 Nominierungen) dabei. Alleine dafür lohnt es sich schon, Gerwigs Interpretation von Little Women zu sehen – unabhängig davon, dass die ersten Kritiken äußerst positiv sind.
Es braucht Little Women außerdem in diesem Feld, um die Frauenquote etwas zu steigern, die sah in den vergangenen Jahren nämlich durchaus schonmal besser aus. Daran ändert der zehnte und letzte Film dieser Liste nämlich auch nichts mehr:
The Two Popes: Viel weniger “Frau” geht nicht. In The Two Popes spielen Regisseur Fernando Meirelles (Citade de Deus/City of God, 2002) und Drehbuchautor Anthony McCarten mit der einzigartigen Situation unserer Zeit, die wir uns selten bewusst machen. Ein Papst tritt normalerweise nicht zurück; Papst Benedikt XVI., verkörpert durch Anthony Hopkins, tat es trotzdem. Jonathan Pryce spielt Papst Franziskus, bzw. Kardinal Jorge Mario Bergoglio. Wie darf man sich diesen Film vorstellen?
Ich weiß es auch nicht so recht, aber die ersten Reaktionen sind auch in diesem Fall positiv und loben insbesondere den unerwarteten Humor. Darüber hinaus konnte der Film – ebenso unerwartet – schon mehrere Publikumspreise auf den kleineren Filmfestivals gewinnen. Und wie im Falle von The Irishman und Once Upon a Time… in Hollywood könnte der Film von der im Durchschnitt noch immer älteren Academy profitieren. Der Film ist nun bereits der dritte Netflixfilm auf dieser Liste. Wie The Irishman und Marriage Story läuft The Two Popes zunächst wenige Wochen in amerikanischen Kinos, um sich für die Filmpreise zu qualifizieren, bevor er schließlich auf Netflix verfügbar sein wird: in Deutschland ab dem 20. Dezember, pünktlich zu Weihnachten.
Honorable Mentions
Neben den zehn ausgewählten Filmen gibt es noch eine Handvoll weiterer Kandidaten: Bombshell ist ein Film der #MeToo-Ära mit den Academy-Lieblingen Charlize Theron, Margot Robbie und Nicole Kidman in Haupt- und Nebenrollen, definitiv ebenfalls ein heißer Anwärter auf Nominierungen. Der unvergleichliche (und schon viel zu lange nicht mehr für einen Oscar nominierte) Tom Hanks spielt Amerikas Lieblingsmoderator des Kinderfernsehens Fred Rogers in A Beautiful Day in the Neighborhood, Regie führt Marielle Heller, die zuletzt mit ihrem charmanten Can You Ever Forgive Me? (2018) im Gespräch war. Der tragikomische Independentfilm The Farewell mit Awkwafina erschien zwar in Amerika (zu) früh im Jahr, könnte sich aber vielleicht dennoch halten. Die Fanbase auf Twitter setzt alles daran, um den Film nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Ebenfalls zu früh: Rocketman, die Biografie über Elton John mit Taron Egerton in der Hauptrolle. Im Gegensatz zu einem Oscargewinner aus dem vergangenen Jahr hat Egerton sogar selbst gesungen! Nun muss er dennoch ordentlich um eine Nominierung kämpfen, denn das Feld ist stark besetzt. Und zuletzt: Netflix möchte es dieses Jahr wirklich wissen. Dolemite is My Name, die Wiederauferstehung des Eddie Murphy, könnte ebenfalls für eine Überraschung gut sein.
Geschafft! Nach diesem Crashkurs zur aktuellen Award-Season bist Du hervorragend vorbereitet. Ich liebe die Zeit der Filmpreise insbesondere deshalb, weil sie die Aufmerksamkeit auf Filme lenkt, die viele sonst verpassen würden. Hoffentlich hat Dir diese Zusammenstellung Anlässe gegeben, um in den kommenden Wochen ins Kino zu gehen. Viel Spaß dabei!
Ein Gedanke zu „10 Favoriten auf Filmpreise: Award-Season 2019“