Phil schaut “Inferno” (2016)

Mit Inferno läuft mittlerweile die dritte Dan Brown Verfilmung im Kino. Erneut schlüpft Tom Hanks in die Rolle des Symbologen Robert Langdon, den es diesmal nach Florenz, Venedig und Istanbul verschlägt. Tolle Bilder, aber das hohe Tempo und viele Abweichungen von der Buchvorlage machen mir die Bewertung äußerst schwer.

Phils Highlights

  • visuell sehr stark: wunderschöne Bilder
  • ein gewohnt guter Tom Hanks und ein starker Auftritt von Felicity Jones

Worum es geht

Professor Langdon (Tom Hanks) erwacht mit einem schweren Schädel-Hirn-Trauma und wirren Bildern im Kopf in einem Krankenhaus in Florenz. Er kann sich nicht daran erinnern, was passiert ist. Zeit zur Regeneration bleibt ihm nicht, denn eine Polizistin versucht ihn umzubringen. Mit Hilfe seiner Ärztin Sienna Brooks (Felicity Jones) kann er fliehen und taucht unter. In Langdons Tasche entdecken die beiden einen Biotube, der einen Hinweis zu einer vom Biochemiker Bertrand Zobrist (Ben Foster) entwickelten Seuche enthält. Diese soll die Weltbevölkerung um die Hälfte dezimieren, um das Problem der Überbevölkerung zu lösen. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt.

Phils Kritik

Nach den sehr guten Verfilmungen von The Da Vinci Code und Illuminati widmet sich Ron Howard nun dem vierten Buch von Dan Brown, Inferno. Dem Vierten? Genau, das dritte Buch The Lost Symbol wurde übersprungen, vermutlich weil Washington D.C. nicht ins übliche Muster der Filme gepasst hätte, die stets in europäischen Metropolen spielen. Für mich sehr erfreulich, weil ich Inferno zu den besten Büchern seiner Reihe zähle, während The Lost Symbol etwas schwächer war. Zudem halte ich die Problematik, mit der sich Inferno beschäftigt, für sehr wichtig und aktuell. Das Ende ist außerdem äußerst stark und setzt ein Statement. Insgesamt also perfekter Stoff für einen genialen Kinofilm.

Der Film stellt zunächst den vermeintlichen Bösewicht Bertrand Zobrist vor, der einen Vortrag über das drängende Problem der Überbevölkerung hält. Darsteller Ben Foster ist überzeugend und das Motiv für den Mord an der halben Weltbevölkerung ist sofort glasklar. Kurz darauf muss er dann auch leider den Löffel abgeben, um ein Rätsel zum Standort der Seuche zu hinterlassen. Und schon ist die Bühne frei für den Rätselexperten Robert Langdon, der auch schon mal einen besseren Tag hatte. Er hat fürchterliche Visionen von Seuchen, sterbenden Menschen und Flüssen aus Blut – kurz gesagt: Er sieht die Hölle. Wunderbar grausam dargestellt sind diese düsteren Visionen ein visueller Leckerbissen, den man erstmal verdauen muss. Allgemein ist der Film optisch wieder erste Sahne, die Aufnahmen aus Florenz, Venedig und Istanbul sind großartig. Besonders im Kopf geblieben ist mir eine fantastische Luftaufnahme von Venedig.

Die Darsteller haben mich insgesamt sehr überzeugt. Tom Hanks spielt natürlich wie gewohnt auf einem hohen Niveau, aber auch Felicity Jones liefert eine starke Performance ab. Sie verleiht ihrer Rolle etwas Markantes und ist mehr als nur die gutaussehende Begleiterin. Das gefällt – und Rogue One kann kommen. Ben Foster ist ein weiteres Highlight des Films, leider hält sich seine Screentime jedoch in Grenzen. Ebenfalls sehr gut gefallen hat mir Irrfan Khan, über seine Rolle möchte ich hier allerdings nichts verraten.

So gut der Cast und die Aufnahmen auch sein mögen, ein Film steht und fällt natürlich mit der Story. Leider hat Inferno genau hier mit Problemen zu kämpfen. Wie bei vielen Buchverfilmungen kann man die Fülle an Details aus der Vorlage natürlich nicht in den Film übernehmen und muss sich auf das Wesentliche konzentrieren. Leider hat man sich dafür entschieden, die Geschichte mehr als Thriller zu inszenieren und weniger als Schnitzeljagd wie noch die Vorgänger. Und so verkommen die Rätsel eher zur lästigen Nebensache und werden schnell abgehandelt, damit es weitergehen kann. Allgemein ist das Tempo des Films sehr hoch, von der ersten bis zur letzten Minute geht es mit Vollgas durch die Handlung. Das ist nicht zwangsläufig schlecht, denn die 122 Minuten Laufzeit vergehen äußerst schnell, aber es ist eben auch kein Robert Langdon Film mehr. Wo die Vorgänger sich noch die Zeit nahmen, um die fantastischen Orte auf uns wirken zu lassen und die Rätsel zu verstehen, fühlt man sich hier eher wie in einem klassischen Thriller. Der Film hat damit leider sein Alleinstellungsmerkmal verloren.

Zuletzt möchte ich noch auf die Abweichungen zur Buchvorlage eingehen. Ich weiß, dass ich als Buchleser keinen Film erwarten kann, der nicht von der Vorlage abweicht. Natürlich muss die Geschichte etwas komprimiert und Details verändert werden, um daraus einen guten Film zu machen. Kleinere Anpassungen kann ich auch verschmerzen. Im Fall von Inferno wurde allerdings das komplette Ende zugunsten eines vermeintlich dramatischeren Finales verändert. Das Verhalten eines Hauptcharakters wurde völlig auf links gezogen, die wichtige Message, beziehungsweise Auflösung des Buchs fehlt sogar vollständig. Stattdessen wird der Zuschauer mit einem durchaus spannenden, aber farblosen 0815-Hollywood-Ende abgespeist, eine Enttäuschung.

Insgesamt hat mich Inferno durchaus unterhalten und die zwei Stunden vergingen wie im Flug. Der gute Cast und die tollen Aufnahmen sprechen definitiv für den Film. Dem Gegenüber stehen aber ein hohes Erzähltempo und einige Schwächen in der Story. Den Abenteuer-Charme und die Cleverness der bisherigen Langdon-Filme sucht man bis auf ein paar Lichtblicke vergebens, als Thriller funktioniert der Film aber schon. Buchlesern steht eine größere Enttäuschung bevor, während Nicht-Buchleser sich entspannt zurücklehnen und den Film genießen können.

4 von 7 Falken

Phil

Verrückt nach Film und Serien, begeisterter Blu-ray Sammler und immer auf der Jagd nach dem verlorenen Schatz.

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