Simon schaut “Slow West” (2015)

Slow West ist ein kleiner Western des 21. Jahrhunderts, der eine zunächst einfache Geschichte und ihre überraschenden Wendungen in wunderschönen Bildern erzählt.

Simons Highlights

  • Michael Fassbender
  • Robbie Ryans Kamera
  • die unerwarteten Überraschungsmomente
  • die Laufzeit von nur 84 Minuten

Worum es geht

Im Westen Amerikas ist der junge Schotte Jay Cavendish (Kodi Smit-McPhee) auf der Suche nach seiner großen Liebe, Rose Ross (Caren Pistorius). Doch alleine ist er dem rauen Westen nicht gewappnet. Das Schicksal lässt ihn auf Kopfgeldjäger Silas (Michael Fassbender) treffen, der sich dazu bereit erklärt, Jay zu beschützen. Was der Junge nicht weiß: Auf seine Geliebte Rose und deren Vater ist ein hohes Kopfgeld ausgesetzt: $2 000 – tot oder lebendig! Eine solche Summe lockt die Ratten aus ihren Löchern.

Simons Kritik

Zunächst: Ich bin wahrlich kein Western-Experte. Meine Erfahrungen mit Western beschränken sich auf die Klassiker, die ab und zu im Fernsehen laufen und an denen man dann… irgendwie… hängen bleibt. Einige wenige habe ich komplett gesehen, zum Beispiel den Italowestern Spiel mir das Lied vom Tod (1968) von Sergio Leone. Ich werde sicherlich nicht jede Westernreferenz in Slow West erkannt haben, werde den Film in dieser Kritik nicht mit dem klassischen Westerngenre vergleichen. Doch Slow West hat mich auf eine besondere Art und Weise fasziniert seit ich den ersten Trailer gesehen habe.

Die Geschichte, die John Maclean in seinem Spielfilm-Regiedebüt erzählt, ist nicht kompliziert. Sie ist sogar recht einfach. Wir haben den naiven Jüngling auf der Suche nach seiner Geliebten, dem vom innerlich zerrissenen und mit sich unzufriedenen Außenseiter geholfen wird. Gemeinsam machen sie sich uf den Weg. Warum sollte man eine simple Story auf zwei Stunden ziehen? Zu wenige der Big-Budget Produktionen haben den Mut zu kürzeren Laufzeiten. Slow West ist weit davon entfernt, eine Big-Budget Produktion zu sein. Seine 84 Minuten liefen auf dem Sundance Film Festival in Utah, einem Independent Filmfestival, auf dem er einen der Jurypreise abräumte. Man sollte nicht erwarten, dass aufgrund der kurzen Laufzeit im Eiltempo durch die Geschichte gerannt – oder geritten – wird: Regie und Kamera nehmen sich Zeit für wunderschöne Naturaufnahmen in grellen Farben. Unbewegt hängen weiße Wolken über der Landschaft. Unsere Blicke können wir weit ins Land hinein richten, über weitläufige Ebenen. Die Sonne leuchtet auf Michael Fassbenders braunroten Dreitagebart. Manchmal steht sie auch tief, tief im Westen, leuchtet uns in die Gesichter, wenn wir hinter den zwei Protagonisten her reiten, die ihre nasse Wäsche zwischen ihre zwei Pferde gebunden haben. Dies ist eine der zahlreichen ungewöhnlichen Perspektiven, die mir sehr gefallen haben. Robbie Ryan schenkt uns außerdem ein magisches Sternenzelt. Wunderschön!

Ich halte fest: Das Tempo des Films ist bis zum Finale hin eher gering, slow eben. Im Kontrast hierzu stehen die plötzlichen, unerwarteten Wendungen: Der Regisseur, der übrigens auch das Drehbuch geschrieben hat, hat die eine oder andere Überraschung für uns auf dem Weg zu Rose parat. Und nach einem kurzen Augenblick sind diese Momente wieder vorbei – und lassen uns entweder ratlos oder auch lachend zurück.

Die Rahmenhandlung lässt vermuten, man könne das Ende vorhersehen, als gäbe es zwei mögliche Ausgänge. Doch Maclean füttert uns immer und immer wieder mit Hinweisen, dass nicht alles so ist wie es scheint. Was mir außerdem sehr gut gefällt: Der Regisseur lässt seine Figuren nicht zurück. Jede Geschichte wird zu einem Ende gebracht. Dadurch wird Slow West in sich rund, aber es bleiben auch wenige Fragen übrig, über die man sich im Nachhinein weitere Gedanken machen könnte.

Michael Fassbender füllt seine Einzelgänger-Rolle hervorragend aus und ist der Star des Films. Slow West markiert den Startpunkt von Fassbenders goldenem Jahr 2015: Wahrscheinlich wird er schon am kommenden Donnerstag für seine Darbietung in Steve Jobs (2015) für den Oscar nominiert. Und auch Macbeth mit Marion Cotillard wurde positiv aufgenommen. Ja, Slow West ist in dieser Konkurrenz der kleinere, der unscheinbarere Film. Aber das ändert nichts daran, dass er Spaß macht – und man ihn im Anschluss gleich noch ein zweites Mal schauen kann, weil noch so viel Abend übrig ist!

5 von 7 Falken

Simon

Redakteur Moviefalcon.de, Film-, Kino-, Oscarenthusiast! Wenn nicht gerade unterwegs in einer weit entfernten Galaxis, dann sicherlich mit Mad Max auf der Fury Road oder zu Besuch im Grand Budapest Hotel.

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