Die Power Rangers spielten keine große, aber auch keine ganz kleine Rolle in meiner Kindheit. Ich war seltsam gespannt auf dieses Reboot der Serie aus den Neunzigern. Der Film ist kein Desaster, vor allem das neue Team der Rangers hat mich begeistert. Der Film ist so lange gut, wie er eine gesunde Distanz zur Originalserie hält, fällt aber leider auseinander, als einzig der Konflikt mit Erzfeindin Rita Repulsa die Geschichte vorantreibt.
Simons Highlights
- Dacre Montgomery, Naomi Scott, RJ Cyler, Becky G und Ludi Lin als neues Team der Power Rangers
- Ehrlichkeit am Lagerfeuer
Worum es geht
Angel Grove: Football-Star Jason macht Blödsinn und wird aus dem Team geworfen. Beim Nachsitzen lernt er den autistischen Billy kennen, mit dem er nach der Schule zu einer Mine fährt. Zufällig treffen sie dort Kim, Trini und Zack – und finden fünf Power-Münzen verschiedener Farben. Am nächsten Morgen merken sie alle, dass etwas mit ihnen passiert ist, und dass die Veränderungen mit den Münzen in Verbindung stehen. Die beschließen, am Fundort der Münzen nachzuforschen, und lernen über das Vermächtnis der Power Rangers und deren Versuche, die Erde und das Leben zu retten.
Simons Kritik
Vor etwas mehr als zwanzig Jahren lebte meine Familie für eine Weile im Ausland. Ich erinnere mich nicht an vieles, aber ich weiß, dass ich zu der Zeit mit ein paar circa fünf Zentimeter großen Plastikfiguren spielte. Ich bin mir nicht sicher, ob ich mir damals bewusst war, dass die Figuren die bunten Power Rangers, ihre Erzfeindin Rita Repulsa, deren Handlanger und “Zords” darstellten. Die Serie Mighty Morphin Power Rangers (1993-1995) und sämtliche Nachfolgeserien gingen an mir vorbei. Entweder war ich zu jung, oder aber meine Eltern haben interveniert. Ich bin ihnen nicht böse.
Meine Erinnerungen haben trotzdem ausgereicht, um mein Interesse an dem Reboot der Power Rangers im vergangenen Jahr zu wecken. Dieses Mal verwandeln sich die Teenager in einem Film und nicht in einer TV-Serie in Superhelden. Der Film war jedoch weder in Deutschland noch weltweit sonderlich erfolgreich. Auch ich schaffte es nicht ins Kino, meine seltsame Faszination hat sich aber bis heute gehalten. Nun habe ich Power Rangers endlich gesehen.
Sagen wir es mal so: Der Film ist kein völliges Desaster. Bekannt sind die Power Rangers den meisten aufgrund ihrer knallbunten Anzüge, überzogener Kampfchoreografien und verrückter Dinofahrzeuge. Diese Aspekte werden im Film sparsam eingesetzt. Tatsächlich funktioniert der Film in den Teilen am besten, die sich am weitesten vom Kult des Originals entfernen.
Nach einem holprigen Intro lernen wir eine Gruppe von Außenseitern kennen, die zufällig zueinander finden. Diese Außenseiterrolle nimmt man den einen zunächst besser ab als den anderen. Insbesondere Dacre Montgomery als Red Ranger Jason und Naomi Scott als Pink Ranger Kim müssen das Publikum überzeugen, weil ihre Figuren eigentlich zu glatt gebügelt sind und nicht funktionieren dürften. Die wirklich guten Performances der jungen Schauspieler*innen gewinnen einen aber schnell über.
RJ Cyler spielt Blue Ranger Billy, Becky G ist Yellow Ranger Trini und Ludi Lin Black Ranger Zack. Ihre Rollen sind kantiger. Cyler stiehlt mit seiner sorgenlosen, lustigen Art viele Szenen. Die bunte, vielfältige Gruppe ist der Grund dafür, warum der Film für mich zunächst sehr gut funktioniert – zumindest solange sie ihre Masken nicht tragen. Es geht im Film darum, sich anderen zu öffnen und zueinander zu finden, auch oder gerade in schwierigen Zeiten.
Es ist hoffentlich kein allzu großer Spoiler, aber man muss tatsächlich neunzig Minuten warten, bis das Team das erste Mal gemeinsam hinter Masken verschwindet – und das ist gut so, denn bis zu diesem Zeitpunkt ist der Film wirklich gut! Die fünf Teenager werden ein Team und – viel wichtiger – Freunde: Wir lernen mehr und mehr über die Rangers, während sie sich gegenseitig kennenlernen. Vor allem eine Lagerfeuerszene, die mit anderen Schauspieler*innen oder anderer Regie schnell in Kitsch hätte abrutschen könnte, ist viel authentischer und ergreifender als sie es hätte sein dürfen. Good Job, Dean Israelite! Der Film hat mich bis hierher wirklich abgeholt. Obwohl der Weg der Rangers ja eigentlich von Beginn an klar zu sein scheint, überraschen Drehbuch und Regie das Publikum auf dem Weg zum Ziel einige Male (#Zug).
Was passiert dann? Die Jugendlichen werden zu den Power Rangers und der Film versinkt in Mittelmäßigkeit, wenn ich es nett ausdrücke. Ehrlich gesagt musste ich einige Male lachen, als der Film im glücklicherweise halbwegs kurzen dritten Akt der Vorlage ähnlicher und ähnlicher wird, und leider nicht durch beabsichtigte Witze (das hervorragende Product-Placement mal außen vor). Die Mischung passt nicht wirklich. Das Ende ist für die wirklich ernsthafte Einführung der Rangers in den ersten neunzig Minuten zu albern. Darüber hinaus sind die Auflösung der Geschichte und Ritas Ende – oops, Spoiler – nicht sonderlich ansprechend inszeniert.
Ebenfalls nicht überzeugend ist die Einbindung von Zordon (Bryan Cranston) und Alpha 5 (Bill Hader) in die Geschichte. Sie sollen die neuen Power Rangers als Lehrmeister und Gehilfe an ihre neuen Kräfte heranführen. Eigentlich braucht man sie aber nicht und Zordons “große Szene” gegen Ende verpufft in Belanglosigkeit, weil er zuvor der “meckernde Opa” ist, dem man lieber aus dem Weg gehen möchte. So hinterlässt er keinen Fußabdruck in der Geschichte. Alpha 5s größtes Problem ist, dass er es nicht schafft, so lustig wie RJ Cylers Billy zu sein. Immerhin ist er gut animiniert. Die Animationen der Zords sind in Ordnung, sie wirken aber nicht so agil, wie man es sich wünschen würde.
In einigen anderen Kritiken wird Elizabeth Banks als Rita Repulsa als schwächstes Glied des Films herausgegriffen. Sie ist definitiv ein schwaches Glied, aber das Problem liegt eher darin, wie Rita angelegt wurde. Schon ihre Einführung in die Geschichte wirft zu viele Fragen auf, die unbearbeitet bleiben. Sie ist einfach die Böse, die auf Gold steht und aus dem Meer gefischt wird.
Den fünf Rangers wünsche ich einen weiteren Film, aber derzeit sieht es nicht danach aus. Vielleicht ist das gut, denn auch wenn ich Dacre Montgomery, Naomi Scott, RJ Cyler, Becky G und Ludi Lin gerne nochmal gemeinsam sehen würde, würden wir im Sequel wahrscheinlich mehr Power Rangers und weniger Coming-of-Age-Geschichte bekommen als in diesem Film.
Für einen regnerischen Sonntagnachmittag kann ich Power Rangers empfehlen, wenn man alle Marvel-Filme bereits gesehen hat – oder eben, wenn etwas Power Rangers-Faszination aus der Kindheit therapiert werden muss.
Ein Gedanke zu „Simon schaut “Power Rangers” (2017)“