Simon schaut “Avengers: Infinity War” (2018)

Avengers: Infinity War ist der Inbegriff des Superheldenspektakels, Marvels nächster Geniestreich, ein Meisterwerk des Genres. Als erster Teil eines Zweiteilers fühlt sich der Film einerseits sinnvoll geschlossen an, schreit andererseits aber nach der Fortsetzung. Infinity War ist ein beeindruckender Film, den man im Kino gesehen haben sollte, und für den sich das Eintauchen ins MCU lohnt.

Simons Highlights

  • Chris Hemsworth als Thor, Zoe Saldana als Gamora, Robert Downey Jr. als Tony Stark / Iron Man und Tom Holland als Peter Parker / Spider-Man
  • natürlich Josh Brolin als Thanos
  • die Schlacht in Wakanda
  • … und viele Paarungen und Szenen, über die ich besser weniger als mehr Worte verliere! #Seelenstein #dontwannago #Kaninchen

Worum es geht

Viele Jahre wurde Thanos von seinen Handlangern enttäuscht. Nun nimmt er das Zepter selbst in die Hand, oder besser gesagt: Er zieht seinen Handschuh an, mit dem er alle sechs Infinity-Steine kontrollieren kann. Jeder Stein steht für eine Dimension des Universums: Realität, Raum, Macht, Gedanken, Zeit und Seele. Zwei der sechs Steine befinden sich auf der Erde. Gelingt es Thanos, alle Steine in seinem Handschuh zu vereinen, kann er seine Pläne für das Universum mit einem einzigen Fingerschnips umsetzen. Es ist an der Zeit, dass alle Heldinnen und Helden der Erde und der Galaxie ihre Kräfte vereinen, um Thanos aufzuhalten.

Simons Kritik

Inzwischen sind einige Wochen vergangen, seit Avengers: Infinity War rund um den Globus angelaufen ist. Infinity War könnte der vierte Film werden, der die $2 Milliarden-Marke überschreitet. In diesem elitären Club befinden sich bisher nur Avatar (2009; $2,788 Milliarden), Titanic (1997; $2,188 Milliarden) und Star Wars: The Force Awakens (2015; $2,068 Milliarden).

Ich sage es direkt: Ich war so begeistert von Infinity War, dass ich ihn gleich mehrmals am Eröffnungswochenende gesehen habe. Einige Wochen später hat sich meine Einstellung zu dem Film nicht verändert. Ich halte ihn für absolut einzigartig, eine Errungenschaft des Superheldengenres. Zehn Jahre hat Marvel auf diesen Film hingearbeitet, die Infinity-Steine nach und nach eingeführt und uns emotional an die Figuren des MCU gebunden. Dabei war es uns bei den meisten Filmen möglich, auch noch nachträglich in Marvels Welt einzusteigen. Mein erster MCU-Film war nicht Iron Man (2008), sondern Captain America: The First Avenger (2011), wenn ich mich richtig erinnere. Auch ich brauchte ein paar Jahre, um mich in das Universum zu verlieben. Der erste Guardians of the Galaxy (2014) hatte einen großen Anteil daran.

Natürlich verliert man viel emotionale Schlagkraft, wenn Avengers: Infinity War der erste MCU-Film ist, den man sieht. Ich behaupte aber, dass man ihn trotzdem genießen und wertschätzen kann, wenn man zuvor noch nie von Thor, Iron-Man oder Captain America gehört hat. In dieser Hinsicht ist der Film vielleicht mit Der Herr der Ringe: Die Rückkehr des Königs (2003) oder Harry Potter und die Heiligtümer des Todes – Teil 2 (2011) vergleichbar. Ist es fair zu verlangen, dass solche Filme in gleichem Maße für diejenigen funktionieren müssen, die noch nicht viele, viele Stunden in die Geschichten des jeweiligen Universums investiert haben? Nein, wir müssen hier einen eigenen Bewertungsmaßstab anlegen.

Eine der Überraschungen für mich waren die Hauptfiguren des Films. Es ist nicht leicht, nur eine Figur als Protagonist*in zu bezeichnen. Eine herausragende Rolle nimmt selbstverständlich Josh Brolin als Thanos ein. Infinity War ist sein Film. Auf Zoe Saldanas Gamora hätte man auch noch kommen können, denn sie ist die Tochter von Thanos. Deren schwierige Beziehung zueinander wurde bis dato nur angedeutet. Dass jedoch Chris Hemsworths Thor einer der Standouts des Films ist, damit haben zuvor wohl die wenigsten gerechnet.

Die Dynamiken zwischen den Figuren, die in den vielen anderen MCU-Filmen aufgebaut wurden, werden geschickt eingewoben und vertieft, beispielsweise das Verhältnis zwischen Tony und Peter, das einen emotionalen Anker des Films darstellt. Tony Stark alias Iron Man führt die alte Garde der Avengers einmal mehr an und zeigt, dass seine Geschichte noch nicht auserzählt ist. Ich bin begeistert von der Emotionalität, die Robert Downey jr. zehn Jahre nach seinem ersten Auftritt im MCU weiterhin in seiner Rolle zeigt. Hieran hat auch Tom Holland als Spider-Man einen Anteil, der nach Captain America: Civil War (2016) und Spider-Man: Homecoming (2017) seinen dritten Auftritt im MCU neben Iron Man hat.

Marvel war mutig genug, uns mit interessanten neuen Paarungen zu konfrontieren, die auf dem Papier nicht hätten funktionieren dürfen. Bleiben wir bei Iron Man und werfen ihn mit Doctor Strange zusammen! Die beiden wurden selbst von Fans des MCU manchmal als gleicher Personentypus abgetan. Es braucht jedoch nur eine Szene und wir wissen ganz genau, wie verschieden Tony Stark und Stephen Strange eigentlich sind. Genial.

Wenn Figuren unter der Masse an Charakteren im Film leiden, dann ist das für mich eine Hälfte der Guardians. Drax, Star-Lord und Mantis sind nicht schlecht, haben mich im Vergleich zu den anderen Held*innen aber nicht in gleichem Maße überzeugt. Das kann auch daran liegen, dass Rocket, Groot, Gamora und Nebula mehr zu tun haben. Insbesondere Gamora spielt – wie bereits erwähnt – einen integralen Part in Avengers: Infinity War.

Manche Kritiker*innen werfen Infinity War Inhaltslosigkeit vor, da keine Figur eine ausdrückliche Charakterentwicklung durchmacht – was nicht ganz falsch ist. Weder die Avengers und Guardians weichen von ihrer Linie ab, Thanos stoppen zu wollen, noch zweifelt Thanos selbst jemals an seinem Plan. Die Konsequenz ist, dass der Film fast ausschließlich durch die Handlung getrieben wird. Die Frage, die darüber entscheidet, wie man den Film bewertet, hängt also auch von der Antwort auf die Frage ab, ob einem dadurch etwas fehlt.

Meine Antwort darauf lautet “nein”, denn der Film behandelt ein Thema aus verschiedensten Blickwinkeln: Was bin ich bereit zu opfern? Diese Frage, die in vielen Superheld*innengeschichten eine Rolle spielt, ist der rote Faden in Avengers: Infinity War, der so grundlegend mit der bloßen Existenz von Superheld*innen zusammenhängt, dass Infinity War das Genre so gut vertritt wie wenige andere Filme zuvor. Der Film ist eine visuelle Repräsentation der Worte aus dem ersten Trailer: “Es gab diese Idee, eine Gruppe außergewöhnlicher Leute zusammenzubringen. Wir wollten damit etwas Großes erschaffen, damit wir wenn möglich die Schlachten schlagen können, die zu groß für sie sind.” In Infinity War erreicht zu keinem Zeitpunkt eine*r unserer Held*innen etwas alleine. Sie brauchen einander, was die Anwesenheit jeder einzelnen Figur rechtfertigt.

Über das Finale möchte ich wenige Worte verlieren. Ich hätte nicht unbedingt erwartet, dass Marvel diesen Weg geht. Infinity War schließt rund ab und lässt uns im Kinosessel mit großen Augen und einem gigantischen Verlangen nach mehr zurück.

Der Film ist nicht perfekt. Die CGI ist zu 99,9% hervorragend, aber leider ist mir ein Moment gegen Ende sofort negativ aufgefallen – und nun kann ich ihn nicht mehr nicht sehen, weshalb ich ihn hier besser nicht offenbare. Was den Lauf der Handlung angeht ist eine Entscheidung der Guardians durchaus fragwürdig, an einer weiteren Stelle wird ein leichter, langweiliger Weg gewählt, um die Geschichte voranzubringen. Das sind alles Kleinigkeiten, die nicht darüber hinwegtäuschen sollten, was für ein wahnsinniger Erfolg Infinity War für das Erzählen einer Superheld*innengeschichte mit mehreren dutzend Charakteren ist. Unzählige andere Filme versagen schon daran, einige wenige Figuren angemessen zu jonglieren. Die Regisseure Anthony und Joe Russo lassen gemeinsam mit Drehbuchautoren Christopher Markus und Stephen McFeely jede Figur mindestens kurz scheinen. Es ist wirklich so: Schon im Anschluss an meinen ersten Kinobesuch konnte ich jedem Charakter einen Moment zuordnen – viele davon lustig oder kämpferisch, manche emotional, einige dramatisch.

Einen Film wie diesen gab es noch nicht. Avengers: Infinity War ist für das Superheldengenre was Der Herr der Ringe: Die Rückkehr des Königs für das Fantasygenre war: ein episches Spektakel, das uns zeigt, was im Blockbusterkino möglich ist, wenn man seinen Stil gefunden hat und sich trotzdem etwas traut.

6.5 von 7 Falken

Simon

Redakteur Moviefalcon.de, Film-, Kino-, Oscarenthusiast! Wenn nicht gerade unterwegs in einer weit entfernten Galaxis, dann sicherlich mit Mad Max auf der Fury Road oder zu Besuch im Grand Budapest Hotel.

3 Gedanken zu „Simon schaut “Avengers: Infinity War” (2018)“

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