Simons Lieblingsfilme 2017

Mit den Oscars ist das Kinojahr 2017 für mich vorbei und die Zeit für eine Lieblingsfilmliste gekommen. Wie war das Filmjahr 2017? Was nehme ich mit? Was war meine coolste Kinoerfahrung? Welche Filme werden mir für immer in Erinnerung bleiben? Diese Fragen schreien nach Antworten…

Es war ein Jahr der Superheld*innen, der schnellen roten Autos und zerbrochenen Sonnenbrillen, der guten und weniger guten Sequels. Es war ein Jahr des Ausharrens am Strand, des wütenden Tatendrangs und der roten Billboards, der Angst vor verstecktem oder offen gezeigtem Hass. Es war ein Jahr der Außenseiter*innen, der Frauen, der Verliebten, von Italien bis Themyscira.

Ich bin ganz ehrlich: Bis vor wenigen Monaten stand ich 2017 noch skeptisch gegenüber. Baby Driver war lange Zeit der einzige Film, den ich von Anfang an auf dieser Liste sah. Es waren die Superheld*innenfilme, die zunächst mein Jahr bestimmten. Besonders Spider-Man: Homecoming (6.0) und Wonder Woman (5.0) mag ich sehr. Am Ende konnte ich den beiden Filmen jedoch ebenso wenig einen Platz unter meinen Top 5 einräumen wie Star Wars: The Last Jedi (6.5) und Coco (6.5). Auch Mudbound (6.5) von Dee Rees ist knapp gescheitert, aber diesen hervorragenden, kleinen Film möchte ich nicht unerwähnt lassen. Dass es für Star Wars nicht gereicht hat, tut mir besonders weh, denn ich feiere Disney und vor allem Rian Johnson für den Mut, mit dem sie das Franchise nach vorne bewegen.

Man kann das aber auch positiv betrachten: Ich liebe einige Filme sogar noch etwas mehr als den neuen Star Wars, es muss also ein sehr gutes Kinojahr gewesen sein. Das war es wirklich. Viel Spaß mit meinen fünf Lieblingsfilmen aus dem Jahr 2017!

Platz 5: Baby Driver (6.5)

Was hat Edgar Wrights Baby Driver mit Marvels Guardians of the Galaxy (2014; 2017) gemeinsam? Beide haben hervorragende Soundtracks, die von großer Bedeutung für die jeweilige Geschichte sind. In Baby Driver sind die Songs vielleicht noch etwas wichtiger, denn ohne sie wäre der Protagonist nicht handlungsfähig. Der Film ist zur Musik geschnitten, weshalb manche Sequenzen fast wie Musikvideos wirken. The Jon Spencer Blues Explosions “Bellbottoms” oder “Egyptian Reggae” von Jonathan Richman & The Modern Lovers werde ich für immer mit diesem erfrischend anderen Actionfilm verbinden. Der Film weiß zu überraschen, ist detailverliebt, hat viel Herz und mehr Tragik, als man auf der Oberfläche zunächst erkennt. Ansel Elgort und Lily James als Baby und Debora sind wahre Sweathearts. Sie sind herrlich sympathisch und überzeugend naiv in allem, was sie tun. Ansonsten sticht Jon Hamm als Buddy mit einer vielschichtigen Performance heraus. Im Sommer hätte ich sicherlich nicht damit gerechnet, dass Baby Driver noch so weit durchgereicht wird. Doch dann kam unter anderem…

Platz 4: The Shape of Water (6.5)

The Shape of Water tritt in große Fußstapfen: Wie von La La Land im Jahr 2016 habe ich früh von dem neuen Film von Guillermo del Toro gelesen und war von der Idee und den ersten Bildern fasziniert. Im Kino erfüllte The Shape of Water alle Versprechungen und sendete eine Welle Emotionen nach der anderen ins Publikum. Der Film machte mich traurig, machte mir Angst, widerte mich an. Ich wurde überrascht, wippte fröhlich im Takt der Musik und hatte ein breites Grinsen auf dem Gesicht. Del Toro hat seinen ganz eigenen Stil, der in diesem Film förmlich aus der Leinwand tropft. Die Produktionswerte sind hoch: Kostüme, Szenenbilder, Ausstattung und Effekte sind detailreich und liebevoll miteinander verwoben. Die Farbpalette ist ein eigener Charakter, die erweiterte Präsenz des Amphibienmenschen. Es ist nicht in Worte zu fassen, wie gut Sally Hawkins in der Rolle der Protagonistin Elisa ist, eine einzigartige Performance, an die ich mich ewig erinnern werde. The Shape of Water ist ein optimistischer Film über Außenseiter und das Alleinsein. Was für eine wunderbare, ermutigende Geschichte!

Platz 3: Blade Runner 2049 (7.0)

Ich war zu jung, als ich den originalen Blade Runner (1982) von Ridley Scott das erste Mal schaute. Vor einigen Monaten gab ich dem Film eine zweite Chance und fand ihn sehr viel eindrucksvoller, auch wenn ich sicherlich kein großer Fan geworden bin. Die Arbeit von Denis Villeneuve interessiert mich wiederum sehr, Sicario (2015) und Arrival (2016) gehörten in den vergangenen Jahren zu meinen Lieblingsfilmen. Nun wagte sich der kanadische Regisseur mit Blade Runner 2049 an ein Sequel zu einem wahren Science-Fiction-Klassiker, ein riskantes Unterfangen, das sich an den Kinokassen leider nicht auszahlte.

Kurz bevor er wieder aus den Kinos verschwand, sah ich den Film gemeinsam mit meinem Vater – eine gute Entscheidung. Blade Runner 2049 ist mit Abstand der visuell eindrucksvollste Film, den ich im vergangenen Jahr im Kino gesehen habe. Die Kombination aus visuellen Effekten, Szenenbildern und Roger Deakins Kamera ist ehrfurchtgebietend! Er erinnert in seinen Ausmaßen an die epischen Historienfilme des zwanzigsten Jahrhunderts. Doch Blade Runner 2049 bietet noch mehr als die bestechende Optik: Für mich ist der Film das perfekte Sequel. Er behandelt die gleichen Themen wie das Original, jedoch aus einer anderen Perspektive. Er nimmt dem ersten Film in keiner Weise das Geheimnisvolle und lässt bisher unbeantwortete Fragen weiterhin offen. Blade Runner 2049 steht auf eigenen Beinen, gibt der dystopischen Welt aus Blade Runner einen eigenen Spin, ohne das Original zu verraten. Über wenige Filme habe ich so viel nachgedacht wie über diesen. Die emotionale Punches haben mich tief getroffen. Für mich ist Blade Runner 2049 ein ganz besonderer Film, der mit der Zeit hoffentlich mehr Wertschätzung erfahren wird.

Platz 2: Get Out (7.0)

Ein Horrorfilm so weit oben in meinen Top 5? Noch dazu ein Film, den ich nicht im Kino sondern erst spät daheim gesehen habe? Wie konnte das passieren? Regisseur Jordan Peele überwindet Genregrenzen und paart Horror gekonnt mit Mystery und schwarzem Humor. Get Out unterhält beängstigend gut, hat aber auch viel zu sagen. Er beleuchtet die aktuelle Situation der Schwarzen in den USA und trifft damit den Zeitgeist wie vielleicht kein anderer Film des vergangenen Jahres. Der Film nutzt Angst als Klebstoff, um uns an den Protagonisten Chris, einen schwarzen Amerikaner, und sein Schicksal zu binden. Chris besucht die Eltern seiner weißen Freundin zum ersten Mal. Gemeinsam fahren sie auf das abgelegene Anwesen, wo seltsame Dinge vor sich gehen. Regisseur Peele und Hauptdarsteller Daniel Kaluuya ermöglichen uns wortwörtlich in die Haut von Chris zu schlüpfen und verdeckten Rassismus aus der Perspektive eines schwarzen Mannes zu erleben. Kaluuya überzeugt durch seine sehr subtile Performance. Wie Chris selbst wissen wir lange Zeit nicht, was bei den Armitages vor sich geht, bevor der Film am Ende einer Gartenparty auf- und abdreht! Get out, Chris!

Get Out ist auf dem besten Weg ein Klassiker zu werden. Dieser Überraschungsfilm hat seinen Platz auf meiner Liste mehr als verdient. Dass mit Mutter Missy Armitage eine Psychiaterin eine wichtige Rolle im Puzzle spielt und Psychologie mit Mystery verwoben wird, das gibt von mir persönliche Pluspunkte! By the way, ich hätte gerne die Teetasse. Nur so, für… Experimente.

Hier findest Du mein Review zum Film.

Platz 1: Call My By Your Name (7.0)

“Elio, Elio, Elio.”

“Oliver.”

Wenn ein Film einen so sehr absorbiert, dass die Zeit stehen bleibt und man sich nichts sehnlicher wünscht als genau das, was auf der Leinwand passiert, dann hat man es mit einem Meisterwerk zu tun. Nichts anderes ist Call Me By Your Name, ein Meisterwerk des queeren Kinos auf der einen Seite, das seinen Platz neben Moonlight (2016) und Brokeback Mountain (2005) einnehmen wird, aber auch des zutiefst menschlichen Kinos.

Call Me By Your Name von Regisseur Luca Guadagnino ist der sinnliche Sommerurlaub, den wir uns alle in unserer Jugend gewünscht haben (oder uns noch immer wünschen). Irgendwo im Norden Italiens in den 80er Jahren besucht der amerikanische Student Oliver (Armie Hammer) die Familie seines Professors über den Sommer. Er freundet sich mit dem 17-jährigen Elio, Sohn des Professors, an. Diese Freundschaft entwickelt sich zu einer leidenschaftlichen Liebesbeziehung. Das Geschlecht und die sexuelle Orientierung der Protagonisten spielen eine untergeordnete Rolle. Es ist Elios erste große, wahre Liebe, die wir in ihren Höhen und Tiefen miterleben dürfen. Das emotionale Gewicht liegt auf Timothée Chalamet, der Elio spielt. Chalamet ist mutig, seine Karriere mit diesem Film so richtig zu beginnen. Er versteckt nichts und fühlt sich mit seinem ganzen Körper in die Rolle hinein, die keineswegs einfach ist. Chalamet ist schlichtweg perfekt, es ist unglaublich!

Die Magie des Films liegt darin, wenige Grenzen zu ziehen. Dies wird insbesondere durch Elios Eltern verkörpert, die ihrem Sohn mit ihrem aufgeklärt-intellektuellen und lockeren Erziehungsstil viele Freiheiten lassen. Michael Stuhlbarg spielt einen der besten Film-Väter überhaupt mit einem der besten Monologe der Filmgeschichte. So viele Superlative, ich weiß, aber Call Me By Your Name ist einzigartig, kunstvoll, lustig, hinterfragt Heteronormativität und Schubladendenken und stellt Liebe über alles andere.

Danke 2017, du warst großartig!

Simon

Redakteur Moviefalcon.de, Film-, Kino-, Oscarenthusiast! Wenn nicht gerade unterwegs in einer weit entfernten Galaxis, dann sicherlich mit Mad Max auf der Fury Road oder zu Besuch im Grand Budapest Hotel.

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