Simon schaut “Spider-Man: Homecoming” (2017)

Spider-Man ist zuhause! Nach seinem Kurzauftritt in Captain America: Civil War (2016) schwingt sich Tom Holland durch seinen ersten Solofilm im Marvel Cinematic Universe (MCU). Homecoming erzählt die Coming-of-Age-Geschichte eines jungen Superhelden. Mit seiner charmanten, unbedarften Performance spielt sich Holland in die Herzen seiner Zuschauer.

Simons Highlights

  • Tom Holland, Tom Holland, Tom Holland!
  • Peter Parker in der Highschool
  • Spider-Man kümmert sich um Queens
  • Michael Keaton spielt Adrian Toomes/Vulture und erschafft einen der bisher besten MCU-Gegenspieler

Worum es geht

Der Teenager Peter Parker (Tom Holland) kann es noch gar nicht fassen: Er saß nicht nur auf der Ersatzbank, als sich die Avengers gegenseitig am Leipziger Flughafen bekämpften, sondern war mitten im Geschehen, klaute sogar Captain America dessen Schild (siehe Captain America: Civil War, 2016). Zurück zuhause in Queens, New York, bremst Tony Stark (Robert Downey Jr.) seinen fädenschießenden Schützling jedoch aus. Peter soll der hilfsbereite Spider-Man der Nachbarschaft bleiben und kein Avenger werden. Niemand weiß von seiner geheimen Identität, nicht einmal seine Tante May (Marisa Tomei), bei der Peter wohnt. An seiner Schule, der Midtown School of Science and Technology, gehören Peter und sein bester Freund Ned (Jacob Batalon) zu den Nerds. Peters Schulleben hat für ihn an Bedeutung verloren, seitdem er als Spider-Man durch die Straßen schwingt und Fahrraddiebe überführt. Er möchte Tony Stark beweisen, dass er für größere Aufgaben bereit ist. Als er von illegalem Handel mit gefährlichen Waffen Wind bekommt, wittert er seine große Chance.

Simons Kritik

“Schon wieder ein neuer Spider-Man?” Diese Reaktion hörte ich in den letzten Monaten nicht selten, wenn ich mit Freunden und Bekannten über Marvel oder neue Kinofilme sprach. Die breite Öffentlichkeit scheint unter Spider-Man-“Fatigue” (Müdigkeit) zu leiden, ein Phänomen, das immer mal wieder in Zusammenhang mit der aktuellen Dominanz von Comicbuch-Verfilmungen in unseren Kinos diskutiert wird. Auch an den Kinokassen macht sich das bemerkbar. Guardians of the Galaxy Vol. 2 und Wonder Woman spielten in den USA mehr Geld ein, mehr Geld als die Marke Spider-Man. International konnte Homecoming das Rennen für sich entscheiden, jedoch knapper als man bei der Zugkraft des Namens vermuten würde.

Wenige wissen, dass Spider-Mans Auftritt im MCU keineswegs selbstverständlich ist, sondern Produkt einer einmaligen Zusammenarbeit zwischen Sony und Marvel/Disney. Ein außergewöhnlicher Deal macht es möglich und bringt Spidey wortwörtlich nach Hause.

Die Rolle bringt einen gewissen Druck mit sich. Es ist die dritte Auflage des Spinnenhelden innerhalb von 15 Jahren, und vor allem Tobey Maguires Spider-Man hat bis heute eine große Fanbase. Holland muss sich bewusst gewesen sein, dass eine erneute Neuverfilmung des Kulthelden bei vielen Kinogängern Stirnrunzeln auslösen würde nachdem sowohl Maguires Filmreihe mit Spider-Man 3 (2007) als auch Sonys zweiter Versuch mit Andrew Garfield in The Amazing Spider-Man: Rise of Electro (2014) unzufriedenstellend endeten.

Von diesem Druck merkt man in Homecoming und Tom Hollands Performance nichts, ganz im Gegenteil. Spider-Man ist in den Comics traditionell ein junger Superheld. Mit seiner Unbedarftheit und Leichtigkeit füllt Holland diese Rolle besser aus als seine Vorgänger. Wie auch Gal Gadot in Wonder Woman (2017) macht er sich die Figur zu eigen. Ich verließ das Kino und konnte mir niemand anderen mehr in der Rolle vorstellen. Unterstützt wird er von einem wunderbaren, ausnahmslos lustigen Ensemble, das Homecoming zu einer ganz anderen Art Marvel-Film macht, einer Superhero-Highschool-Comedy.

Die Anbindung an die Marvel-Storyline wird auf innovative Art und Weise zu Beginn des Films hergestellt. Sich zuvor Civil War anzusehen hilft, ist aber nicht zwingend notwendig. Als erster Spider-Man-Film dieser Reihe unterscheidet er sich wesentlich von den anderen Erstversuchen mit Maguire und Garfield: Homecoming zeigt nicht, wie Peter Parker zu Spider-Man wird. Seine Origin (Ursprung) wird in wenigen Sätzen erwähnt, denn sie ist nicht wichtig für die Geschichte, die hier erzählt wird.

Spider-Man: Homecoming ist eine klassische Coming-of-Age-Geschichte über einen Jugendlichen, der über sich selbst, über Geduld und Eigenständigkeit lernt. Der Konflikt mit Spider-Mans Feind Vulture bringt nicht die ganze Welt in Gefahr, sondern bleibt auf einer lokalen Ebene und passt damit in die Geschichte eines jungen Helden, der seine Vormittage in der Schule verbringt. Die Handlung ist nicht übermäßig aufgebläht, sondern konzentriert sich auf das Wesentliche. Auch Iron Man, der in den Trailern sehr prominent vertreten ist, hat nur kurze Auftritte. Spider-Man: Homecoming ist ein Film über Spider-Man, keine weitere Fortsetzung der Avengers oder der Iron Man Filmreihen.

Natürlich haben wir schon Superhelden auf Fähren oder in Flugzeugen kämpfen sehen. Etwas innovativer hätten die Settings der großen Actionszenen sein dürfen (mit Ausnahme der atemberaubenden Rettungsaktion am Washington Monument). Auch die Tatsache, dass Spider-Mans Anzug von einer künstlichen Intelligenz überwacht wird, kommt uns irgendwie bekannt vor. Man kann hier argumentieren, dass der Anzug als Stark-Produkt eine gewisse Tradition aufrecht erhalten muss. Am besten funktioniert der Film in Queens und direkt in der Schule, wo Peter einfach nur Teenager ist, wo es aber auch ums Anderssein geht, um Akzeptanz und Selbstbewusstsein.

Einer meiner kleinen Kritikpunkte betrifft die Musik: Der Score zu Spider-Man: Homecoming hat wie so viele andere Marvel-Scores wenig bis keinen Wiedererkennungswert, und das obwohl Michael Giacchino (Oscar für Oben, 2009) verpflichtet wurde. In diesem Film fällt es besonders auf, da Giacchino für das Intro die gängige, allseits bekannte Spider-Man-Titelmelodie aus der Fernsehshow nutzt. Dieser kurze Augenblick macht hungrig auf mehr, aber vergebens. Nach einem Moment induzierter Gänsehaut plätschert der orchestrale Score vor sich hin, ist in Ordnung, aber nicht sehr gut.

Neben der Musik hat Marvel häufig ein Problem mit eindimensionalen Bösewichten, nicht jedoch in Homecoming. Spider-Man sieht sich mit Vulture konfrontiert, einem der bis heute besten MCU-Gegenspieler. Michael Keaton wurde in der Rolle nicht verschwendet. Seiner Figur erhält zu Beginn des Films eine ausführliche Einführung, aus der sich seine Motivation ableitet. Da Homecoming alles in allem kein düsterer, sondern ein leichter, lustiger Film ist, wirken Vultures Auftritte in seinem bedrohlich aussehenden Kostüm umso eindrucksvoller nach.

Ich hoffe, dass sich viele Skeptiker den Film kaufen, ihn schauen und merken, wie gut Hollands Homecoming ist. Der Film bietet zwei Stunden Dauergrinsen, gute Laune, schlicht wunderbare Unterhaltung mit einem jungen Superhelden, von dem wir hoffentlich noch viel sehen werden.

6 von 7 Falken

Simon

Redakteur Moviefalcon.de, Film-, Kino-, Oscarenthusiast! Wenn nicht gerade unterwegs in einer weit entfernten Galaxis, dann sicherlich mit Mad Max auf der Fury Road oder zu Besuch im Grand Budapest Hotel.

4 Gedanken zu „Simon schaut “Spider-Man: Homecoming” (2017)“

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