Simon schaut “Guardians of the Galaxy” (2014)

In Guardians of the Galaxy (2014) brütet Regisseur James Gunn den Ton der Marvelabenteuer aus, die sich abseits der Erde abspielen. In allen Regenbogenfarben, untermalt von Popmusik der 60er und 70er Jahre, schlüpft die Origin Story eines ganzen Teams aus dem Orb. Ein solches Konzept kann entweder Episches hervorbringen oder episch in die Hose gehen…

Simons Highlights

  • der Cast: Chris Pratt, Zoe Saldana, Dave Bautista, Bradley Cooper, Vin Diesel, Michael Rooker, Lee Pace, Karen Gillen, Glenn Close und John C. Reilly, mit Benicio del Toro und Josh Brolin
  • eine Comicbuchverfilmung im Farbtopf – Farbe, Farbe, Farbe
  • Hooked on a Feeling… der Soundtrack!
  • der Nova Corps verteidigt Xandar
  • “We are Groot.”

Worum es geht

Peter Quill (Chris Pratt), viel zu wenigen auch unter dem Namen Star-Lord bekannt, wurde als Kind von Außerirdischen entführt und plündert sich 26 Jahre später im Auftrag Yondus durch die Galaxie. Als ihm der sogenannte Orb in die Hände fällt, versucht er das Artefakt alleine weiterzuverkaufen, wodurch er Yondu hintergeht. Yondu setzt ein Kopfgeld auf Peter aus. Es dauert nicht lange, bis der genetisch manipulierte Waschbär Rocket (gesprochen von Bradley Cooper) und Baumwesen Groot (gesprochen von Vin Diesel) hinter Peter her sind, ebenso wie Gamora (Zoe Saldana), Adoptivtochter des gefürchteten Thanos, welcher seinerseits am Orb interessiert ist und mit Ronan, dem Ankläger, zusammenarbeitet. Am Ende der Verfolgungsjagd durch die Straßen Xandars werden Peter, Rocket, Groot und Gamora vom Nova Corps, der örtlichen Polizei, überwältigt und ins Gefängnis gesteckt. Zeit, um sich kennen zu lernen, Differenzen zu überwinden, und nebenbei die Galaxie zu retten.

Simons Kritik

Guardians of the Galaxy hebt sich dank James Gunn stark von den bis dato veröffentlichten Marvelfilmen ab. Knallbunte Planetensettings, Sterne, Figuren, Kostüme, untermalt von mitreißender Popmusik der 60er und 70er – mit Guardians of the Galaxy ist Marvel ein Risiko eingegangen. Der Film ist eine Weltraumoper, ein verrückter Trip, dessen Atmosphäre und Komik von Zeit zu Zeit an Das fünfte Element (1997) erinnert. Die Realitätsnähe, die in vielen der anderen MCU-Filmen gesucht wird, schmeißt James Gunn über Bord mit dem Resultat eines der stimmigsten Marvelfilme. Während man vor allem in Thor: The Dark World (2013) eigentlich viel lieber abheben und in die anderen Welten, die uns in Bruchstücken gezeigt werden, entschweben möchte, kriegen wir in Guardians eine erste Vorführung, wie Marvelfilme abseits der Erde aussehen und funktionieren. Genau das wollen wir sehen! Kein Wunder, dass der Thor: Ragnarok-Trailer durch die Decke ging – er ist nun der in den ersten 24 Stunden am häufigsten angesehene Marvel-Trailer. Thor und Hulk passen in diese unberechenbaren, fantasievollen Welten, in denen Regie und Drehbuch die Restriktionen des Erde-Settings ablegen können. (Werden sie damit das Bindeglied zu den Guardians vorm Infinity-War?)

James Gunn tobt sich aus, führt eine verrückte Figur nach der nächsten ein, verliert jedoch nie den Überblick. Wir werden Zeugen, wie das Team – mehr oder weniger freiwillig – zusammenwächst und sich seiner Herausforderung stellt. Es gelingt Gunn gemeinsam mit Co-Autorin Nicole Perlman die Gruppe zusammen zu bringen, ohne die Rahmenhandlung zu bremsen. Der Konflikt mit Thanos (Josh Brolin)/Ronan (Lee Pace) gerät zwar zwischendurch immer wieder in den Hintergrund, wird aber nie vergessen. Jetzt mal ehrlich: Spätestens nach der Knastszene ist man sowieso im Flow und akzeptiert alles, was Gunn aus dem Orb zaubert!

Natürlich kommt die Frage nach dem Bösewicht auf, eine der wenigen wiederkehrenden Schwachstellen im Marvel Cinematic Universe. Steht den Guardians ein interessanter Bösewicht vom Typus Loki gegenüber, oder wurde einmal mehr zu wenig Zeit und Charakterentwicklung in die Gegenseite investiert? Beziehen wir uns nur auf Ronan und Thanos, dann fällt Guardians of the Galaxy eher in das uns bekannte Marvel Muster. Ich verzeihe das aber deutlich leichtherziger als zum Beispiel in Thor: The Dark World (2013) oder Ant-Man (2015), weil alle Figuren in Guardians mehr Ecken und Kanten offenbaren und die Grenzen zwischen Gut und Böse nicht so deutlich gezeichnet sind. Eine Vielzahl der Charaktere befindet sich in einer Grauzone, zu Beginn sogar unsere Helden. Yondu (Michael Rooker) als Gegenspieler von Peter Quill, Nebula (Karen Gillen) als Gegenspielerin von Gamora, und eine Horde Verbrecher im Knast, die sich mit allem und jedem anlegen würden, sind weitere Elemente der komplexen Figurenkonstellation abseits der Schwarz-Weiß-Malerei. Das macht die Welt der Guardians deutlich spannender und die Charakterentwicklung der Hauptfiguren bedeutsamer.

Insbesondere in Rocket und Groot haben wir zwei Figuren mit unberechenbaren Eigenschaften im Team, die immer wieder zu überraschen wissen. Auch Dave Bautista als Drax beweist, wie lustig er sein kann. Das Herz des Films ist jedoch Chris Pratt als Starlord. Guardians ist vollgepackt mit Situationskomik und coolen Sprüchen, die für mich ausnahmslos funktionieren, weil sie sich so natürlich aus den Szenen ergeben. Auf Fremdschäm-Momente wird dankenswerterweise verzichtet. Die Idee, den Soundtrack durch das Mixtape in der Handlung zu verankern, ist genial. Starlords nicht abgeschlossene Beziehung zu seiner Mutter begleitet uns so durch den Film und wird am Ende wieder aufgegriffen.

Der Film drückt trotz aller Albernheiten und einer gehörigen Portion Action zwischendurch auf die Tränendrüse. Die Emotionalität wird durch atemberaubende Bilder unterstützt. Für das hervorragende Make-up und die kunterbunt-kreativen visuellen Effekte gab es völlig zurecht zwei Oscar Nominierungen. Die Farbigkeit des Films unterstreicht: Wir haben es hier mit einer Comicbuchadaption zu tun. Viele der Einstellungen haben einen deutlichen Comic-Vibe – daran konnte Marvel zuletzt mit Doctor Strange (2016) anknüpfen.

Die „We are Groot“-Szene ist nicht nur visuell wunderschön anzusehen, sondern bildet den Schlusspunkt der Findungsphase der Guardians, ein Prozess, der sich durch den ganzen Film zieht und sein Rückgrat bildet. Freundschaft definiert sich über gemeinsame Erfahrungen. Guardians of the Galaxy ist ein Film über Freundschaft unter Außenseitern, die entdecken, was sie zusammen vollbringen können. Es ist die Origin Story des Teams, nicht einzelner Charaktere. Der Film zeigt, dass man sich unabhängig von seiner Herkunft und seiner Vergangenheit dem Bösen stellen kann. Das klappt am besten, wenn man nicht alleine kämpft. Im Showdown braucht es alle Guardians, Hand in Hand. Der Film ist in sich geschlossen und rund, bietet aber gleichzeitig die Startrampe für weitere galaktische Abenteuer. (Thanos sollten wir im Hinterkopf behalten…)

Guardians of the Galaxy ist auf unverkennbare Art und Weise ein Comicbuchfilm und eine Weltraumoper, die mich immer und immer wieder mitreißt, zum Lachen und zum Weinen bringt, und die mir eine neue Playlist beschert hat. Nun steht Guardians of the Galaxy Vol. 2 (2017) auf dem Plan. Schauen wir mal, welche Tricks Peter, Rocket, Groot, Gamora und Drax noch so auf Lager haben, mit wem sie sich dieses Mal anlegen, und ob sie weiterhin Regeln und Gesetze großzügig auslegen.

7 von 7 Falken

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Simon

Redakteur Moviefalcon.de, Film-, Kino-, Oscarenthusiast! Wenn nicht gerade unterwegs in einer weit entfernten Galaxis, dann sicherlich mit Mad Max auf der Fury Road oder zu Besuch im Grand Budapest Hotel.

5 Gedanken zu „Simon schaut “Guardians of the Galaxy” (2014)“

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