Simon schaut “Die Schöne und das Biest” (2017)

Die Realverfilmung des Disney-Animationsklassikers bleibt dem Original weitestgehend treu. Einige der Abweichungen bereichern die Geschichte, andere zünden nicht. Wunderschöne Kostüme und Kulissen verzaubern das Publikum. Die CGI des Biests kann leider nur stellenweise überzeugen. Die hochkarätige Besetzung, angeführt von Emma Watson und Dan Stevens, hat sichtlich Spaß.

Simons Highlights

  • Luke Evans als Gaston, Josh Gad als LeFou
  • “The Mob Song”
  • Kulissen und Kostüme
  • Das Biest kann lesen!

Worum es geht

Ein junger, arroganter Prinz (Dan Stevens) verwehrt einer alten Frau Obdach. Er nimmt ihr Geschenk, eine rote Rose, nicht an, und demütigt sie öffentlich vor seinem Gefolge. Doch die Frau ist nicht, wer sie zu sein scheint, und offenbart ihre wahre Identität: Sie ist eine Zauberin und belegt den Prinzen, das Schloss und alle seine Bewohner mit einem Fluch, der nur aufgehoben werden kann, wenn der Prinz zu lieben lernt und seine Gefühle erwidert werden.

Einige Jahre später: Belle (Emma Watson) wohnt mit ihrem Vater Maurice (Kevin Kline) in dem kleinen Dorf Villeneuve in Frankreich. Sie ist eigenständig und belesen, was sie zu einer Außenseiterin macht. Auf dem Weg zu einem Markt verschwindet Maurice. Belle reitet los, um ihn zu suchen. Sie stößt auf das düstere, eingeschneite Schloss, in dem ihr Vater vom Biest gefangen gehalten wird.

Simons Kritik

Moviefalcon.de hat es schwarz auf weiß: Die Schöne und das Biest (1991) ist für uns der beste Disney-Animationsfilm überhaupt. Das macht es für die Realverfilmung nicht leichter: Auch wenn ein Film für sich selbst steht und auch so bewertet werden sollte, sind Vergleiche zur Vorlage unvermeidlich. Vergleiche zu einem nahezu perfekten Original legen die Messlatte dementsprechend hoch auf. Darüber hinaus sortiert sich Die Schöne und das Biest (2017) unter den anderen Disney-Realverfilmungen der letzten Jahre ein, und auch hier ist es ganz natürlich, dass man sich umschaut und seine Lieblinge neu ordnet.

Gleich vorweg: Ist die Neuverfilmung so gut wie der Animationsfilm? Definitiv nicht. Und kann der Film mit The Jungle Book (2016) mithalten, der Disneyklassiker-Neuverfilmung aus dem letzten Jahr? Auch darauf antworte ich persönlich mit nein. Dennoch ist Die Schöne und das Biest (2017) ein guter Film, den es sich anzusehen lohnt und der seine Schwächen unter viel Kostüm und Kulisse zu verstecken versucht.

Das Märchen beginnt mit einem kurzen Ausflug in die Vorgeschichte, denn bevor es richtig losgeht, muss das Publikum wissen, wie das Biest zu solchem geworden ist: Ein Prinz wird verzaubert. Mitleid hält sich hier in Grenzen, denn der Prinz ist arrogant und verzogen (und erinnert mich erschreckenderweise an Joffrey aus Game of Thrones…). Die Verwandlung der Zauberin ist imposant inszeniert und bietet einen ersten Vorgeschmack darauf, was in den folgenden zwei Stunden auf das Publikum zukommt.

Auftritt Belle. Emma Watson spielt die Kultprinzessin, die ihrer Zeit voraus ist, wirklich wunderbar. Die Parallelen zu ihrer Person werden sogar noch verstärkt: Im Film setzt sich Belle wie auch Watson selbst für Frauenbildung ein. Nebenbei ist sie natürlich das hübscheste Mädchen im ganzen Land, was den selbstverliebten (aber ebenfalls gutaussehenden) Gaston (Luke Evans) auf den Plan ruft. Er lässt sich nicht so einfach abblitzen und verfolgt seinen Plan, Belle zur Frau zu nehmen, hartnäckig. Unterstützung erhält er dabei von LeFou (Josh Gad), der seinerseits Gaston (und dessen mannhafte Statur) vergöttert.

Der ganze Cast des Films ist hervorragend, doch das Gespann aus Luke Evans und Josh Gad ist phänomenal. Gaston und LeFou sind die zwei Charaktere, die von der Neuverfilmung am meisten profitieren. Ihre Dialoge, Songs, aber vor allem ihre Charakterentwicklung macht sie zu spannenden Bösewichten. Was eine Songzeile so bewirken kann…

Belles Vater Maurice (Kevin Kline) ist nicht ganz so schrullig dargestellt wie im Animationsfilm, was ihm gut steht, wenn er dadurch auch etwas in den Hintergrund gedrängt wird. Aber es gibt ja ein ganzes Schloss voller Absurditäten. Neben den üblichen Verdächtigen (Emma Thompson, Ewan McGregor und Ian McKellen) möchte ich Audra McDonald als Madame de Garderobe hervorheben, die mich begeistert hat. Die ulkigen Schlossbewohner, die zu Möbeln verwandelt wurden, bekommen ein bisschen mehr dramatischen Hintergrund. Dafür wird sich allerdings auf die Hauptakteure konzentriert, was die Schlacht ums Schloss im Vergleich zum Original ein wenig unspektakulärer (und ohne lebendige Messer etwas weniger blutig) macht.

Eine Figur wurde bis dato nur kurz erwähnt: das Biest, gespielt von Downton Abbey-Darling Dan Stevens. Im Zentrum geht es natürlich um die Beziehung zwischen dem hübschen Mädchen und der Kreatur. Hier haben die zusätzlichen Handlungselemente gut funktioniert, denn die Beziehung zwischen Biest und Belle wird durch gemeinsame Interessen und Erlebnisse gestärkt. Verglichen mit dem Original hat Belle einige Gründe mehr, sich in das Biest zu verlieben. Das Biest muss zum Beispiel nicht erst lesen lernen, sondern ist wie Belle ein Bücherwurm.

Dennoch gibt es ein großes Problem mit dem Biest, das sich leider durch den Film zieht. Die Animation der Kreatur sieht an zu vielen Stellen leider nicht gut genug aus, um mit animierten Möbeln, den Effekten im Schloss, oder auch den Wölfen mitzuhalten. Es ging soweit, dass ich mir zwischendurch wünschte, die Kamera würde das Biest nicht mehr in Nahaufnahmen zeigen. Auf den neuen Song “Evermore”, gesungen vom Biest, konnte ich mich kaum konzentrieren. Dabei ist der Song gar nicht schlecht!

Das Problem ist verwunderlich für einen Film, der erstens glaubhaft verkauft, dass ein Kerzenständer und eine Uhr mit Emma Watson sprechen, und der zweitens nur ein Jahr auf das geniale Jungle Book mit den besten Tieranimationen überhaupt folgt, produziert vom gleichen Studio. Es ist wirklich schade, denn Die Schöne und das Biest wird dadurch mit der Zeit vermutlich eher schlechter als besser.

Die Handlung ist bis zum Finale hin phasenweise etwas unausgeglichen. Das könnte daran liegen, dass Regisseur Bill Condon darüber stolpert, sich an alle Details des Animationsfilms zu klammern, aber gleichzeitig mehr erklären will als im Original. Jedes noch bestehende Logikloch will irgendwie gefüllt werden. Manchmal funktioniert das gut, manchmal weniger. Disney war 1991 etwas freier in der Interpretation, insbesondere der Chronologie der Ereignisse. Im Animationsfilm fragt man sich nicht, wie lange Belle eigentlich das Biest kennt und wie lange sie im Schloss war, bevor sie sich verliebt. Man akzeptiert, was auf den Tisch kommt. In der Neuverfilmung kann man nicht anders, als die eine oder andere Frage mehr zu stellen, und das obwohl einige “offensichtliche” Probleme des Märchens gelöst wurden. Sind das die Tücken einer REALverfilmung?

Es braucht nicht auf alles eine Antwort, solange man es mit genug Kostümen und Kulissen wegschminken kann. Davon gibt es in Die Schöne und das Biest reichlich, und ich rieche bereits Oscar-Nominierungen. Von allem gibt es im positiven Sinne etwas zu viel: Etwas zu viel Farbe, Gold, Plüsch, Wald, Dorf, Schloss… Sobald man sich darauf einlässt, ist der Film ein Augenschmaus. Insbesondere die Maßlosigkeit von “Be Our Guest” wurde wunderbar übertragen.

Alles in allem ist die Neuverfilmung von Die Schöne und das Biest ist ein Film mit mehr Höhen als Tiefen. Er endet genau richtig. “The Mob Song”, in dem Gaston das Dorf gegen das Biest aufstachelt, ist mein Höhepunkt des Films, und übertrifft meiner Meinung sogar das ebenfalls starke Original. Das Finale erfüllt die hohen Erwartungen und bringt einen insgesamt guten Film zu einem würdigen Ende.

5 von 7 Falken

Simon

Redakteur Moviefalcon.de, Film-, Kino-, Oscarenthusiast! Wenn nicht gerade unterwegs in einer weit entfernten Galaxis, dann sicherlich mit Mad Max auf der Fury Road oder zu Besuch im Grand Budapest Hotel.

2 Gedanken zu „Simon schaut “Die Schöne und das Biest” (2017)“

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