Simon schaut “Swiss Army Man” (2016)

Auch bekannt als “Farting Corpse Movie”, der vielleicht kontroverseste Film des Jahres. Vorwarnung: Während seiner Sundance-Premiere haben Zuschauer angewidert den Saal verlassen. Gebt dem Film Zeit! Sobald man sich an einige der sozialen Tabubrüche gewöhnt hat, gibt es hier viel zu lieben und zu entdecken.

Simons Highlights

  • Daniel Radcliffe als Manny, Paul Dano als Hank
  • die sich entwickelnde Männerfreundschaft (inklusive der abgefahrenen Masturbations-Diskussion)
  • das Finale

Worum es geht

Gestrandet auf einer einsamen Insel möchte sich Hank (Paul Dano) umbringen, doch ein angespülter Körper – und unangebrachte Geräusche – lenken ihn von seinem Vorhaben ab. Hank entdeckt, dass der Leichnam übernatürliche Fähigkeiten besitzt, und nennt den Toten fortan Manny (Daniel Radcliffe). Als Manny zu sprechen beginnt, machen sie sich gemeinsam auf den beschwerlichen Weg durch die Wildnis nach Hause.

Simons Kritik

Eine unaufhörlich furzende Leiche in Gesprächen mit einem selbstmordgefährdeten Opfer über Masturbation und Ausscheidung – manchmal wünschte ich, ich wäre dabei, wenn Filmproduzenten ein Drehbuch das erste Mal lesen. Kein Wunder, dass dieser Film beim diesjährigen Sundance Filmfestival die Gemüter erregte. Umso mutiger, dass die Jury des Festivals dennoch das Regie-Duo, bestehend aus Daniel Scheinert und Daniel Kwan (denn zwei Daniels sind besser als einer), mit dem Regiepreis für Dramen auszeichnete. So ganz schlecht kann der Film dann ja nicht sein, oder doch?

Ich behaupte, dass niemand dem Film absprechen kann, von hoher künstlerischer Qualität zu sein. Die Hauptdarsteller Paul Dano und Daniel Radcliffe sind unglaublich. Ihre Rollen und die sich entwickelnde Beziehung zwischen ihren Figuren stellen die Schauspieler vor ganz besondere Herausforderungen. Radcliffe dürfte mit diesem Part alle überzeugt haben, dass er mehr verdient, als immer und immer wieder nur auf Harry Potter reduziert zu werden. Kann ihm bitte irgendjemand einen Preis für diese Performance geben? Ich setze auf die kleinen Kritikergilden. Von Paul Dano habe ich schon zuvor viel Gutes gehört, ihn aber bis dato selten gesehen. Nun habe ich einen “abgefahrenen” Grund, auch den Rest seiner Filmografie auszukundschaften.

Der Soundtrack von Andy Hull und Robert McDowell ist mir noch jetzt im Ohr; Die bunten Bilder von Sarkin Leiple an der Kamera nehmen uns mit in die Realität, die Hank und Manny um sich herum erschaffen. Der Höhepunkt ist bei einer Tanzszene im Wald erreicht, die mich an Traumwelten und Peter Pan erinnerte.

Ich kann Menschen verstehen, denen der Film zu derb ist. Auch ich musste zu Beginn einige Male tief Luft holen. Furz-Witze gehören nicht zu der Sorte Humor, die ich normalerweise schätze. Doch wenn man sich auf Swiss Army Man einlässt, den Humor anerkennt und sich den notwendigen Schubs gibt, selbstauferlegte Zwänge für einen Moment zu vergessen, dann offenbart der Film viel Substanz. Über das Ende denke ich noch heute nach, drei Tage nachdem ich den Film gesehen habe. Ich verrate nichts.

In Hanks und Mannys Gesprächen über die einen oder anderen menschliche Grundbedürfnisse werden unsere Konstrukte sozialen Zusammenlebens in Frage gestellt. Es geht um Freundschaft, ums Alleinsein, um Liebe und Zusammenleben, verpackt in skurrile Szenen mit noch skurrileren Ausgangspunkten. Immer und immer wieder wurde ich von Hank oder Manny mit Zeilen beworfen, die ich ab jetzt versuchen werde, regelmäßig zu zitieren: “If my best friend hides his farts from me, then what else is he hiding from me, and why does that make me feel so alone?”

In seinem Tempo zeigt der Film ein paar kleinere Schwächen. Außerdem war eine Szene kurz vorm Finale für mich unrund. Ich glaube, hier hat mich der Schnitt verwirrt. So oder so, ich empfehle Dir Swiss Army Man, wenn Du bereit bist für den vermutlich verrücktesten Filme des Jahres, der in kein Genre passen mag. Die besten Voraussetzungen sind, wenn Du ihn in ausgelassener Stimmung schaust, vielleicht gemeinsam mit deinen allerbesten Freunden.

Zum Abschluss gebe ich “Vollgas”: Furz-Witze habe ich in diesem Artikel verhältnismäßig “zurückgehalten”. Ich lasse Hank noch einmal für mich sprechen: “If you don’t know Jurassic Park, you don’t know shit!” Wie genial ist das bitte?

5.5 von 7 Falken

Simon

Redakteur Moviefalcon.de, Film-, Kino-, Oscarenthusiast! Wenn nicht gerade unterwegs in einer weit entfernten Galaxis, dann sicherlich mit Mad Max auf der Fury Road oder zu Besuch im Grand Budapest Hotel.

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