Simon schaut “The Jungle Book” (2016)

Realverfilmung des Disney-Klassikers mit den realistischsten animierten Tierhelden, die wir bis dato im Kino erleben durften. Geschichte und Spannung profitieren von Regisseur Jon Favreaus Entscheidung, sich näher an der Literaturvorlage zu orientieren, und vom ernsteren Ton. Wunderschöne Einstellungen runden dieses Familienabenteuer ab.

Simons Highlights

  • Baghira
  • Szene im Affentempel
  • Dschungel bei Nacht
  • die Botschaften des Films gehen weit über die des Zeichentrickfilms hinaus
  • schöneres Ende

Worum es geht

Der Junge Mogli wächst bei Wölfen im Dschungel auf. Eines besonders trockenen Sommers treffen sich viele der Tiere an einer der letzten Wasserstellen. Die Gesetze des Dschungels besagen, dass in einer solchen Situation ein Waffenstillstand zwischen den Arten gilt, denn trinken ist wichtiger als essen. So betritt auch Tiger Shir Khan die Wasserstelle – und riecht das Menschenkind. Er droht den Wölfen.  Shir Khan will Mogli jagen, sobald der Regen den Dschungel mit genügend Wasser versorgt hat, denn Menschen seien im Dschungel verboten. Um Mogli in Sicherheit zu bringen, macht sich der schwarze Panther Baghira mit dem Jungen auf den Weg zu einem Menschendorf.

Simons Kritik

Das Disney-Original von 1967 ist Kult, ein wahrer Klassiker. Viele meinen, solche Filme darf man nicht anfassen. Bloß kein Remake! Warum haben wir das Gefühl, dass uns eine Neuverfilmung etwas wegnimmt? Im Optimalfall führt sie eine neue Generationen an unsere liebsten Geschichten und Filme heran.

Jon Favreaus Version vom Dschungelbuch wird das schaffen. Der Film ist das erste richtige Highlight meines Kinojahres 2016. Ich war nie ein großer Dschungelbuch-Fan, auch als Kind mochte ich andere Disney-Filme lieber. Ich musste über 20 Jahre alt werden, bis mich die Geschichte nun doch packte. Und es brauchte diese Realverfilmung von Jon Favreau, denn sie wird ihrem Ruf gerecht, der nächste Meilenstein visueller Filmeffekte zu sein. Wenn Du The Jungle Book schaust, dann solltest du dies unbedingt auf großer Leinwand tun und dich daran erinnern, dass der Film in Studios in Los Angeles vor blauen oder grünen Wänden gedreht wurde. Ohne echte Tiere.

The Jungle Book ist visuell atemberaubend. Die Tiere sehen nicht nur real aus, sie bewegen sich auch geschmeidig, kraftvoll, ihrer Art entsprechend durch die Umgebung. Selbst wenn sie sprechen war ich nie irritiert. Ich hebe Panther Baghira heraus, weil er sich im Laufe des Films zu meinem Lieblingscharakter entwickelt hat. Die Reflektionen auf seinem dunklen Fell, der Kontrast zum bunten Dschungel und seinen gelben Augen macht jede seiner Aufnahmen poetisch. Seine Augen und seine dezente Mimik verraten uns, dass eine treue, loyale, gutwillige Seele im Körper eines mächtigen Tieres wohnt, die auch einer Verfolgung mit Tiger Shir Khan nicht aus dem Weg geht, wenn es hart auf hart kommt. Viele Bilder und Einstellungen des Films könnte ich mir an meiner Wohnzimmerwand vorstellen: Die Elefanten in der Nacht, die rote Blume in Moglis dunklen Augen, oder auch Shir Khan, wie er bei seinem ersten Auftritt aus dem Licht der Sonne tritt.

Ich sah den Film in englischer Originalfassung. Hier wird Baghira von Ben Kingsley gesprochen. Der gesamte Voice-Cast, bestehend aus Idris Elba als Tiger Shir Khan, Bill Murray als Bär Balu, Christopher Walken als Affe King Louie, Lupita Nyong’o als Wölfin Raksha und Scarlett Johansson als Schlange Kaa, passt hervorragend. The Jungle Book (2016) hält sich näher an der Literaturvorlage von Rudyard Kipling als der Zeichentrickfilm. Einige Kritiker sprechen von einer “düsteren” Version, ich von einer “ernsteren”. Dieser Ernst ist notwendig, ist es doch das Ziel von Favreau und seinem Team, uns alles als echt zu verkaufen. Wir sollen die Tiere ernst nehmen, ihre Sorgen und Ängste. Denn das Dschungelbuch erzählt nunmal eine spannende Geschichte, in der Moglis Leben auf dem Spiel steht. Die Ernsthaftigkeit wird auch durch ein bestimmtes Tierjargon unterstrichen, in dem das Wort “Feuer” nicht vorkommt. Die Tiere nennen es bloß die “rote Blume”, die sie fürchten. Die uns allen wohlbekannten Songs werden sehr dezent eingebunden und stehen damit nicht im Kontrast zum vorgegebenen Ton. Balu sorgt für die Bärenportion Humor. Er hat schon einige großartige Zeilen!

Die Szene im Affentempel ist meine Lieblingsszene des Films, sogar des Jahres 2016 – bisher zumindest (Stand Ende April). Favreaus King Louie ist ein Gigantopithecus, kein Orang-Utan. Das sagt so ziemlich alles. Die Szene ließ mich sprachlos zurück. Doch Mogli und seine Freunde – und Feinde – lassen uns wenig Zeit zum durchatmen…

Neel Sethi als Mogli gibt eine gute Performance ab. Wir sollten nie vergessen: Alles wurde in einer völlig anderen Umgebung gedreht. Manchmal ist Sethi ein bisschen übereifrig – Kinder werden sich sicherlich mit ihm identifizieren können. Für die Erwachsenen sind vor allem Baghira und Raksha Identifikationsfiguren, die hier klassische Elternrollen einnehmen.

Von Schlange Kaa hätte ich persönlich gerne etwas mehr gesehen. Man kann argumentieren, dass sie für die Haupthandlung keine entscheidende Rolle spielte und es dementsprechend richtig war, ihre Rolle zu reduzieren. Und wenn ich zwischen Kaa und King Louie wählen müsste, würde ich mein Kreuz beim Affenkönig machen! Die Reduktion der Elefanten hat mir wiederum sehr gut gefallen. Der Film konzentriert sich auf Handlungsstränge, die seiner Botschaft förderlich sind.

Und Botschaft gibt es. Der Film lehrt insbesondere Respekt vorm Leben. Anders als im Zeichentrickfilm isst Balu hier zum Beispiel keine Ameisen, sondern Honig. Brutalität wird auf einige wenige Szenen beschränkt, unnötige Tode gibt es nicht. Spannend ist der Film dennoch von Anfang bis Ende – immerhin haben wir es mit einem Tiger zu tun! Der Film macht universelle Statements zu Umwelt und Akzeptanz. Du bist gut, so wie Du bist. Es sind unsere individuellen Fähigkeiten, die uns ausmachen. Wir stehen füreinander ein. Vielleicht haben wir es hier mit einem neuen Disney-Klassiker zu tun. Auf jeden Fall ist The Jungle Book ein spannender, wunderschöner Familienfilm, der Menschen jeden Alters faszinieren wird, solange sie etwas Spannung wegstecken und den durchdringenden Blicken eines Tigers standhalten können!

6.5 von 7 Falken

Simon

Redakteur Moviefalcon.de, Film-, Kino-, Oscarenthusiast! Wenn nicht gerade unterwegs in einer weit entfernten Galaxis, dann sicherlich mit Mad Max auf der Fury Road oder zu Besuch im Grand Budapest Hotel.

Ein Gedanke zu „Simon schaut “The Jungle Book” (2016)“

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.